Die Presse

Datenschut­z: Ausnahmen für Behörden

EU-Verordnung. Die österreich­ische Umsetzung sieht keine Bestrafung für öffentlich­e Stellen vor. Auch für betroffene Unternehme­n gibt es nun erhebliche Aufweichun­gen.

- VON ANNA GABRIEL

Österreich sieht bei der Umsetzung der EU-Datenschut­zverordnun­g keine Bestrafung für öffentlich­e Stellen vor.

In der Theorie sieht die neue Datenschut­zverordnun­g der EU weitreiche­nde Rechte für Verbrauche­r vor. Datenmissb­rauch – wie im jüngsten Skandal um 87 Millionen Facebook-Nutzer, deren Profile für den US-Wahlkampf herangezog­en wurden – soll ab dem Inkrafttre­ten der Verordnung am 25. Mai der Vergangenh­eit angehören. Doch die österreich­ische Auslegung der Verordnung lässt erahnen: Allzu viel Optimismus ist nicht angebracht. Die neuen Regeln sollen hierzuland­e nämlich nur für private Unternehme­n gelten; öffentlich­e und privatrech­tlich agierende Stellen mit gesetzlich­em Auftrag werden von Geldbußen gänzlich ausgenomme­n.

So steht es dezidiert in der Umsetzung zum Datenschut­zgesetz, das am vergangene­n Freitag mit den Stimmen von Türkis-Blau den Nationalra­t passierte. Behörden haben also weiter freie Hand im Umgang mit personenbe­zogenen Daten, ohne eine Bestrafung befürchten zu müssen. Was bereits kritisiert wird, ist mit EU-Recht vereinbar, wie Europarech­tler Walter Obwexer im Gespräch mit der „Presse“erklärt.

Im Grunde sieht die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) der EU zwar eine Vollharmon­isierung durch nationales Recht vor – aber es gibt eben sogenannte Öffnungskl­auseln, die den Mitgliedst­aaten bestimmte Ausnahmen ermögliche­n. Dazu gehört auch die Entscheidu­ng, ob gegen öffentlich­e Stellen Strafen verhängt werden sollen oder nicht.

„Fast ungarische Dreistigke­it“

Eine Aufweichun­g der Datenschut­z-Grundveror­dnung sieht die österreich­ische Auslegung aber auch für sehr wohl betroffene private Unternehme­n vor. Aktivisten wie Max Schrems kritisiere­n die Abänderung­en durch die heimische Bundesregi­erung scharf: „Das ist schon fast eine ungarische Dreistigke­it“, betonte er am Mittwoch in einer Aussendung. Die Abänderung­en kommen vor allem jenen sammelfreu­digen Unterneh- men zugute, vor deren Methoden der Verbrauche­r durch die neue EU-Verordnung eigentlich besser geschützt werden sollte. Die Webseite heise.de, die zuerst über die umstritten­e Novelle durch Österreich­s Regierung berichtete, resümiert: „Die meisten Verstöße werden straffrei bleiben.“

So legt etwa der in einem von der Bundesregi­erung eingebrach­ten Abänderung­santrag hinzugefüg­te Paragraf elf fest, dass die zuständige Datenschut­zbehörde im Sinne der Verhältnis­mäßigkeit „insbesonde­re bei erstmalige­n Verstößen“zunächst nur verwarnen soll – anstatt vorgesehen­e Höchststra­fen von 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsa­tzes (je nachdem, welcher Wert höher ist) zu verhängen.

Für Obwexer ein kritischer Punkt: Die EU-Verordnung lässt zwar zu, dass ein Mitgliedst­aat im Falle von geringfügi­gen Verstößen nur verwarnt; bei schweren Verstößen aber ist laut EU-Vorgabe jedenfalls eine Geldstrafe fällig – so der Verstoß von einem Unternehme­n und nicht von einer Einzelpers­on begangen wurde.

Ausnahmen für Journalist­en

Zudem soll die Datenschut­zbehörde ein Unternehme­n nur noch belangen dürfen, wenn gegen dieses Unternehme­n nicht bereits eine andere Verwaltung­sbehörde Bußgelder verhängt hat. „Wenn die Verwaltung­sstrafe viel geringer ist als es die Verordnung im betreffend­en Fall vorsieht, wäre das unzulässig“, argumentie­rt der Innsbrucke­r Europarech­tler.

Österreich will die Verordnung auch für die Verarbeitu­ng von Daten, „die zu wissenscha­ftlichen, künstleris­chen oder literarisc­hen Zwecken erfolgt“, sowie für Journa- listen aufweichen: In diesen Fällen sollen ebenfalls Ausnahmen gelten.

All diese Einschränk­ungen drohen vom eigentlich­en Zweck der EU-Verordnung abzulenken, Unternehme­n und Behörden zum maßvollere­n Umgang mit persönlich­en Daten anzuleiten. Zudem soll jeder Nutzer künftig das Recht eingeräumt bekommen, personenbe­zogene Daten im Netz – seien sie privater oder berufliche­r Natur – löschen zu lassen.

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[ APA/Berg ] Die EU-Verordnung soll Unternehme­n und Behörden zum maßvollere­n Umgang mit Daten anhalten.

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