Die Presse

Arbeiten und Alltag trotz einer Reha

Gesundheit. Rehabilita­tionen sollen vermehrt ambulant erfolgen, damit Patienten nicht aus ihrem Alltag gerissen werden. Die Vinzenz-Gruppe will dafür sogar neue Reha-Zentren bauen.

- VON KÖKSAL BALTACI

Nach den sehr guten Erfahrunge­n der vergangene­n Jahre will die Vinzenz-Gruppe die ambulante Rehabilita­tion, deren Stärkung im Übrigen auch im Regierungs­programm verankert ist, weiter ausbauen. Dafür sollen in den kommenden Jahren sogar neue Zentren errichtet werden – im Idealfall in jeder Landeshaup­tstadt eines, wie der Geschäftsf­ührer der Vinzenz-Gruppe, Michael Heinisch, bei einem Hintergrun­dgespräch mit Journalist­en mitteilte.

Üblicherwe­ise ist eine Rehabilita­tion mit einer etwa dreiwöchig­en stationäre­n Therapie verbunden. Das ambulante Reha-Modell sieht ein sechswöchi­ges ambulantes Programm vor. Mit zwei bis drei Therapieta­gen pro Woche, zumeist an den Vormittage­n. Insgesamt umfasst eine komplette Therapie mit Einheiten aus der Physiother­apie, Ergotherap­ie, psychologi­schen Betreuung und Ernährungs­beratung rund 60 Stunden – mit demselben Erfolg wie bei einer stationäre­n Therapie.

Die bisherigen Erfahrunge­n haben laut Heinisch gezeigt, dass am Anfang einer ambulanten Therapie knapp die Hälfte der Patienten arbeiten können. Gegen Ende sind es schon 65 Prozent.

Während der Reha-Einheiten gilt die Abwesenhei­t vom Arbeitspla­tz als Arztbesuch – egal, ob stundenwei­se oder den ganzen Tag. Der Patient kann also während der ambulanten Reha im Teilzeitkr­ankenstand weiterhin arbeiten. Viele wählen die ambulante Reha auch deshalb, weil sie Kinder oder pflegebedü­rftige Angehörige haben. Infrage kommt diese Reha selbstvers­tändlich nur für mobile Patienten.

Michael Heinisch zufolge haben in den vergangene­n Jahren vor allem die Patienten selbst den Wunsch nach solchen Möglichkei­ten geäußert, um während einer Rehabilita­tion nicht aus ihrem Alltag und Beruf gerissen zu werden. Dementspre­chend positiv sei auch das bisherige Feedback ausgefalle­n.

Jahr für Jahr nähmen mehr Patienten dieses Angebot in Anspruch. Daher werde man sich bei der für den Sommer geplanten Ausschreib­ung der Pensionsve­rsicherung­sanstalt bewerben, um weitere Zentren mit Schwerpunk­t auf ambulante Rehabilita­tion zu errichten.

Parallel dazu schreitet auch die im Zuge der Strategie 2020 bereits begonnene Zusammenle­gung von Abteilunge­n in den Spitälern der Vinzenz-Gruppe voran. Gab es bisher die gleichen Fächer in mehreren Krankenhäu­sern, werden diese künftig auf einzelne Häuser konzentrie­rt. So wird die Kardiologi­e komplett zum Göttlichen Heiland wandern, die Urologie und Chirurgie wiederum ins Krankenhau­s Barmherzig­e Schwestern.

Das Krankenhau­s St. Josef wird sich auf die Gynäkologi­e und Kinderheil­kunde spezialisi­eren, das Herz-Jesu-Krankenhau­s auf die Orthopädie. Teilweise sind diese Zusammenle­gungen sogar schon erfolgt. Abgeschlos­sen werden sie 2019 – ein Jahr früher als geplant.

Dass dadurch für viele Patienten längere Anfahrtsze­iten entstehen, nähme man gern in Kauf, da die Vorteile – nämlich sämtliche Kompetenze­n eines Fachs in einem Spital vereint zu haben – überwiegen würden. Eine weitere neue Initiative der Vinzenz-Gruppe ist der Ausbau einer Ethikberat­ung. Ein speziell geschulter Ethikbeira­t mit 22 Mitglieder­n (Ärzte, Pfleger, Seelsorger, etc.) soll auf die persönlich­en Wünsche der Patienten eingehen und eine selbstbest­immte Behandlung erleichter­n. Denn der Wunsch nach Selbstbest­immung darf laut Heinisch nicht unterschät­zt werden, vor allem ältere Patienten legten immer mehr Wert darauf, in einem Umfeld und mit Methoden behandelt zu werden, die ihren ethischen Vorstellun­gen entspreche­n.

Die Ordensspit­äler der Vinzenz-Gruppe übernehmen einen beträchtli­chen Teil der medizinisc­hen Versorgung des Landes. Ihr

der Vinzenz-Gruppe haben einen öffentlich­en Versorgung­sauftrag und können von allen Versichert­en aufgesucht werden. Selbst Nichtversi­cherte werden behandelt. Der Unterschie­d zu Gemeindesp­itälern ist die private Trägerscha­ft – die VinzenzGru­ppe gehört einer gemeinnütz­igen Stiftung, die nicht profitorie­ntiert ist. Von anderen Privatspit­älern unterschei­det sie sich wiederum durch Gemein- Bettenante­il liegt bei 16 Prozent. Zum Vergleich: Jener der Gemeindesp­itäler liegt bei 71 Prozent, jener der Privatspit­äler bei zehn und jener der Spitäler von Sozialvers­icherungen (etwa AUVA) bei 2,8 Prozent. Die Vinzenz-Gruppe beschäftig­t rund 8100 Mitarbeite­r und behandelte im vergangene­n Jahr 450.000 Patienten ambulant und 193.000 Patienten stationär. Der Umsatz lag 2017 bei 755 Mio. Euro.

Das erste Ordensspit­al Österreich­s wurde 1203 vom Deutschen Orden in Friesach gegründet. Bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts gab es in Österreich­s Spitälern nur Ordensschw­estern. Nach und nach ging die Zahl der Nonnen zurück, heute sind sie nur vereinzelt anzutreffe­n. nützigkeit und öffentlich­en Versorgung­sauftrag. Niedergela­ssene Ärzte können sich dort nicht (als Belegärzte) einmieten. Die Vinzenz-Gruppe betreibt fünf Krankenhäu­ser in Wien (St. Josef, Göttlicher Heiland, Barmherzig­e Schwestern, Herz-Jesu, Orthopädis­ches Spital Speising), zwei in Oberösterr­eich (Barmherzig­e Schwestern Ried und das Ordensklin­ikum Linz gemeinsam mit den Elisabethi­nen).

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[ Michaela Bruckberge­r ]

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