Kampf gegen „Übernahme durch die Hintertür“
VA Intertrading. Der Handelskonzern fürchtet, dass der ukrainische Oligarch Kostyantin Zhevago mithilfe der Voestalpine und von Treuhänder Mittendorfer die Kontrolle übernimmt. Per Feststellungsklage soll das verhindert werden.
Er ist der jüngste Selfmade-Milliardär Europas – und Kostyantin Zhevago war auch der erste osteuropäische Tycoon, der sein Bergbaukonglomerat Ferrexpo an die Londoner Börse brachte. Ein solcher Oligarch als Aktionär – da spross die Fantasie von sprudelnden Synergien, als der Ukrainer 2013 über seine Luxemburger Holding Calexco bei der VA Intertrading einstieg und die 39,1 Prozent der Voestalpine übernahm.
Die Euphorie verpuffte allerdings rasch beim Linzer Handelshaus, das einst zur Voest gehörte und vor 30 Jahren mit Ölspekulationen 400 Mio. Euro in den Sand setzte (was den Rücktritt des gesamten damaligen Voest-Managements auslöste). Die Erwartungen auf gemeinsame lukrative Geschäfte erfüllten sich nicht. Die VAI handelt mit Getreide, Soja, Stahl, Pharmazeutika und Landtechnik.
Als Zhevago die Mehrheit wollte, brach ein heftiger Machtkampf zwischen dem Management mit Konzernchef Karl Mistlberger an der Spitze und Zhevago aus. Im Sommer 2017 wurde der Streit kalmiert, wobei Aufsichtsratschef Hanno Bästlein eine wichtige Rolle spielte: Mit seiner Hilfe gelang es, die VAI mehrheitlich in österreichischer Hand zu halten. Bästlein kaufte zu den 10,6 Prozent, die er bereits besaß, über seine Kairos Industrieholding 17,66 Prozent an der VAI dazu, die bisher einer der beiden VAI-Mitarbeitergesellschaften (der MBG) gehörten.
So weit, so schlecht. Denn der Hausfriede hielt nicht lang. Jetzt wird mit noch härteren Bandagen gekämpft. Zhevago lässt nicht locker und ließ mehrfach durchblicken, dass er nach wie vor die Mehrheit will. Was Mistlberger weniger aus Patriotismus ablehnt denn aus kaufmännischen Gründen. „Wir sind als Handelshaus auf hohe Kreditlinien angewiesen, weil wir bei unseren Geschäften in Vorlage gehen müssen“, erklärt er im Gespräch mit der „Presse“. „Wir leben daher von unserer guten Reputation auf dem Finanzmarkt.“
Die Banken hätten jedoch deutlich gemacht, sie würden der VAI das Vertrauen entziehen, wenn Zhevago das Sagen hat. Die von Kriegshandlungen erschütterte Ukraine habe kein gutes Rating und der Oligarch auch ein paar dunkle Flecken auf seiner Weste. So etwa ist seine Bank Finance & Credit insolvent.
Umstrittener Treuhänder
Was Mistlberger und Bästlein aber noch mehr Sorgen macht, ist die Rolle des renommierten Anwalts Franz Mittendorfer. Er ist Aktionär der MBG und vertritt aus historischen Gründen die Voest und alle anderen österreichischen Stammaktionäre als Treuhänder in der MBG. „Er soll daher uns vertreten“, erklärt Mistlberger.
Als es aber darum ging, die beiden Mitarbeitergesellschaften MBG und IBG zu entflechten, um den Aufgriff von Aktien für Neueinsteiger (bei Ausscheiden eines Mitgliedes) günstiger zum machen, stellte sich Mittendorfer auf die Seite der Voest und von Zheva- go. Was Mistlberger und Bästlein als Interessenkonflikt werten. „Wir fürchten, dass die Voest ihren restlichen Anteil von knapp vier Prozent an Zhevago verkauft und damit die Treuhandschaft auf ihn übergeht, was viel schwerer wiegend wäre“, sagt Mistlberger. So könnte er Beschlüsse blockieren – „das wäre quasi die Übernahme durch die Hintertür“.
Deshalb hat die MBG nun beim Landesgericht Linz eine Feststellungsklage gegen die Voest und Mittendorfer eingebracht. Das Gericht soll feststellen, dass die Voest nicht ihre Treuhandfunktion für alle Stammaktionäre an Zhevago abgeben könne. Weil sich die MBG auch durch das Verhalten Mittendorfers geschädigt fühlt, hat sie gleichzeitig eine Schadenersatzklage über zwei Mio. Euro eingebracht. Die VAI stützt sich dabei auf ein Gutachten des Zivil- und Unternehmensrechtsexperten Martin Spitzer von der WirtschaftsUni. Die Antwort der Voest und Mittendorfers soll bis Ende April vorliegen.