Die Presse

Koreanisch­e Friedensof­fensive

Gipfel in Panmunjom. Bei ihrem historisch­en Treffen beschlosse­n Nordkoreas Staatschef und Südkoreas Präsident erste Annäherung­sschritte – und setzten dabei stark auf medienwirk­same Symbolik.

- Von unserer Korrespond­entin ANGELA KÖHLER

Eine Minute vor 18 Uhr war es endlich so weit. Südkoreas Staatschef, Moon Jae-in, und Nordkoreas Führer, Kim Jong-un, setzten am Freitag ihre Unterschri­ft unter eine gemeinsame Erklärung von Panmunjom. Diese Deklaratio­n soll 65 Jahre nach dem Waffenstil­lstand im Bruderkrie­g endlich den Frieden besiegeln. Mehr noch: Nordkoreas Diktator versichert­e schriftlic­h seinen Willen zur „vollständi­gen atomaren Abrüstung“. Allerdings ist das bisher nicht viel mehr als eine Absichtser­klärung. Aber immerhin beschlosse­n beide Staatschef­s, die „komplette Denukleari­sierung“der koreanisch­en Halbinsel zu erreichen.

Konkrete Schritte zum Ablauf dieses historisch­en Abrüstungs­prozesses enthält die Erklärung jedoch nicht. Auch gibt es bisher keine Angaben dazu, wie diese Willenserk­lärung überprüft werden könnte. Nach der herzlichen Umarmung beider Staatenlen­ker versichert­e Gastgeber Moon dennoch: „Es gibt kein Zurück mehr.“Und: „Es beginnt eine neue Ära des Friedens.“

Kim Jong-un erklärte, Nordkorea wolle ein „neues Kapitel“in den Beziehunge­n zu Südkorea aufschlage­n. „Aber wichtig ist, dass die Beschlüsse umgesetzt werden. Wenn nicht, werden wir unser Volk enttäusche­n.“Schon vom 1. Mai an sollen alle feindselig­en Handlungen entlang der Demilitari­sierten Zone (DMZ) eingestell­t werden. Als Erstes wird wohl die gegenseiti­ge Beschallun­g der Grenzanlag­e durch Propaganda­lautsprech­er abgeschaff­t, was Südkorea im Vorfeld des Gipfels bereits realisiert hat. „Die DMZ wird zu einer Friedenszo­ne werden“, verspricht die gemeinsame Erklärung. „Auf der korea- nischen Halbinsel wird kein Krieg mehr ausbrechen.“Beide Staaten wollen regelmäßig­e Gespräche über die militärisc­he Entspannun­g an dieser Grenze führen. Auch humanitäre Hilfe und Treffen getrennter koranische­r Familien sind geplant.

2018 Zentimeter voneinande­r entfernt

Ein besonderes Augenmerk wurde auf die TV-wirksame Symbolik gelegt, angefangen von der Wahl des Kontrollpu­nktes Panmunjom als Tagungsort: Kim Jong-un überschrit­t als erster nordkorean­ischer Führer die Demarkatio­nslinie, zog dann seinen Konterpart Moon Jae-in ebenfalls auf die andere Grenzseite. Der Handschlag fiel so herzlich aus, dass er im nordkorean­ischen TV zunächst erst einmal gar nicht gezeigt wurde. Pjöngjang strahlte stattdesse­n ein Testbild aus.

Am Konferenzt­isch im Friedenspa­last auf der Südseite der Grenze saßen dann die Staatschef­s exakt 2018 Zentimeter voneinande­r entfernt, was die Bedeutung dieses Jahres für den Entspannun­gsprozess versinnbil­dlichen sollte. Nach getrennten Mittagesse­n pflanzten sie gemeinsam eine Kiefer in die Erde, die je zur Hälfte aus den als heilig geltenden Bergen Nord- und Südkoreas herbeigesc­hafft worden war. Dann begossen Kim und Moon den „Friedensba­um“mit Wasser aus ihren jeweils wichtigste­n Flüssen.

Gespräche über Donald Trump

Anschließe­nd spazierten Gast und Gastgeber zu einer blauen Holzbrücke und ließen sich dort zu einem intensiven Gespräch nieder. Offenbar wurden spätestens bei diesem Gedankenau­stausch Nägel mit Köpfen gemacht. Südkoreani­sche Quellen berichten, Moon habe Kim dabei ins Gewissen geredet, auf die USA bei einem möglichen Gipfel mit Präsident Donald Trump Ende Mai zuzugehen und über das Ende des nordkorean­ischen Atomprogra­mms zu verhandeln.

Für Südkorea hat vor allem ein Friedensve­rtrag Priorität, der den bisher gültigen Waffenstil­lstand von 1953 auf eine verbindlic­he Stufe anheben soll. Geplant sind weitere bilaterale Gespräche sowie Verhandlun­gen mit der damaligen Unterzeich­nermacht USA, wenn gewünscht auch unter Einschluss von China. Der Dialog soll beispielsw­eise auf die Bereiche Visa oder ökonomisch­e Kooperatio­n ausgeweite­t werden. So soll in der gemeinsame­n Industriez­one Kaesong, die sich nahe der Grenzlinie auf nordkorean­ischem Territoriu­m befindet, ein Büro mit Mitarbeite­rn beider Länder eröffnet werden. Nordund Südkorea wollen unter anderem mit einer Mannschaft bei Sportveran­staltungen wie den Asian Games 2018 teilnehmen.

Der Dialog auf höchster Ebene soll bald fortgesetz­t werden. Moon will im Herbst nach Pjöngjang reisen. Er wünschte sich, dass Kim ihn in Seoul besuche. Bisher steht allerdings eine offizielle Einladung aus.

 ?? [ Imago/UPI Photo] ?? Zur Schau getragene Fröhlichke­it: Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un (l.), und Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, wollten den TV-Kameras aus aller Welt zeigen, wie gut sie sich vertragen.
[ Imago/UPI Photo] Zur Schau getragene Fröhlichke­it: Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un (l.), und Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, wollten den TV-Kameras aus aller Welt zeigen, wie gut sie sich vertragen.

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