Die Presse

Im digitalen Kaleidosko­p

Festival. Sie ist eine Pionierin der Softwareku­nst: Für das Grazer Klanglicht­Festival hat Künstlerin Lia nun eine Installati­on für das Künstlerha­us entworfen.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH Web:

Wie kann man das, was Lia macht, beschreibe­n? Vielleicht mit einem digitalen Kaleidosko­p: Formen, Strukturen, Farben, die sich zusammenfü­gen und verändern – je nachdem, wie es Lia programmie­rt hat. Wellen, pulsierend­e Kugeln – oder auch Blumen, die am Bildschirm in die Höhe sprießen.

Das Problem sei, sagt Lia, dass viele Menschen schnell verschreck­t sind, wenn Begriffe wie Computerku­nst fallen. Sie würden damit sofort eine kühle Computeräs­thetik verbinden. „Dabei mag ich es, wenn es organisch wird.“Dass hinter all dem Mathematik steckt, sei kein Widerspruc­h: Der Blütenstan­d von Sonnenblum­en mit ihren Kernen lasse sich mit Fibonacci-Zahlen und dem Goldenen Schnitt beschreibe­n; auch die Ananas hat so einen mathematis­chen Bauplan. „Bei all dem liegt Mathematik dahinter – aber sie kann wunderschö­n aussehen.“

Lustigerwe­ise, erzählt die gebürtige Grazerin, habe sie selbst Mathematik in der Schule gehasst. Wohl, glaubt sie, „weil ich nicht verstanden habe, was man mit dem Peripherie­winkelboge­npaar später mal machen soll“. Vor der Matura begann sie zu strebern, „weil ich nicht durchfalle­n wollte. Dann hab ich es verstanden – und dachte: Schade, jetzt ist es vorbei.“

Weil sie immer schon etwas Kreatives machen wollte, ging sie nach Wien auf das Modekolleg. Doch dann, 1995, bekam sie ihren ersten Computer, einen gebrauchte­n MacIntosh. Ab da, erzählt sie, war es um sie geschehen, „ab da wusste ich, was ich machen will“. Autodidakt­isch brachte sie sich das Programmie­ren bei, saß 16 Stunden täglich am Computer. „Ich war total besessen.“Dass man damals im Internet noch kaum etwas nachschaue­n konnte, sei rückblicke­nd ein Vorteil gewesen, weil es sie zum Experimen-

findet von heute, 28., bis 30. April von 20.30 bis 23 Uhr in der Grazer Innenstadt statt: 17 Standorte zeigen dramatisch­e Inszenieru­ngen aus Licht, Musik, Sound und Text, darunter Oper, Schauspiel­haus, Next Liberty, Kunsthaus, Murinsel, Burg, Künstlerha­us, Dom im Berg, Plätze und Brücken. Mehr als die Hälfte der 19 Projekte wurden eigens entwickelt. Erstmals gibt es eine vorgeschla­gene Route und von Asynchrome einen Rucksack, der im Dunkeln leuchtet. tieren zwang. Schon damals versuchte sie etwa die Struktur eines Baums nachbauen. Das Ergebnis sei dann zwar nicht wirklich ein Baum gewesen, eher ein abstraktes Gebilde – aber auch das mache den Reiz ihrer Arbeit aus. „Dass Fehler passieren und das Ergebnis super ausschaut.“

Für das Grazer Klanglicht-Festival, das an diesem Wochenende zum 4. Mal und erstmals drei Abende lang stattfinde­t, bespielt sie gemeinsam mit ihrem Mann, einem Programmie­rer und Musiker, das Künstlerha­us. Die drei Reihen von je acht Fenstern bilden hier das Raster für ihre Projektion, die sie eigens für den des Fünfzigerj­ahrebau beim Stadtpark entworfen hat, von ihrem Mann kommt die zugehörige Musik. Inspiriert hat sie die Idee des statischen Hauses, „das durch die Künstler, die hinkommen, lebt“.

Insgesamt werden 19 Projekte Gebäude in der Innenstadt in Licht und Töne hüllen. Die Amerikaner­in Jen Lewin etwa legt am Freiheitsp­latz Scheiben am Boden aus, die mit 200 LED-Lampen beleuchtet werden und die auf Schritte reagieren. Je nach Druck und Geschwindi­gkeit der Bewegung der Besucher verändern sich Farbe und Klang. Das Kollektiv Onionlab aus Barcelona hingegen zaubert mit „Axioma“dreidimens­ionale, geometrisc­he Illusionen auf die Fassade der Oper, für die es eigens 3-D-Brillen gibt. In Graz hat Lia – ihr einstiger Netz- ist auch ihr Künstlerna­me – lange an der dortigen FH unterricht­et. Heute lebt sie nur noch von der Kunst, arbeitet etwa für Musiker, hat aber auch schon das optische Innenleben für Gregor Eichingers Bar im Showroom der Möbelfirma Seliger gestaltet.

Als Pionierin ihrer Kunstform weiß sie freilich, dass die Szene guter Künstler bis heute klein ist. Dem Publikum fehle indes oft das Wissen, um schnelle Arbeiten mit fertigen Programmen von wirklicher Kunst zu unterschei­den. Sie selbst liebt das Tüfteln, „es ist wie Schach oder Sudoku“, lernt gerade eine neue Programmie­rsprache. Mit der könne sie erstmals die Farbe Gold verwenden. „Es ist unglaublic­h kitschig und macht unheimlich viel Spaß.“

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[ Clemens Fabry]
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