Adi Hütter und das Wunder von Bern
Fußball. Der Vorarlberger Adi Hütter steht mit den Young Boys Bern vor seinem bislang größten Erfolg als Trainer. Die Vereinsphilosophie von Red Bull Salzburg wollte er 2015 nicht weitertragen, jetzt lockt die deutsche Bundesliga.
Bis vor wenigen Monaten plagte den Schweizer Fußball Langeweile. Der FC Basel dominierte das nationale Geschehen, seit 2010, also acht Mal in Folge, wurde in der Liga stets demselben Verein applaudiert. Doch in dieser Saison haben sich die Kräfteverhältnisse verschoben. Young Boys Bern, trainiert von Adi Hütter, kann heute Abend (19 Uhr) mit einem Heimsieg gegen Luzern den Meistertitel perfekt machen. Fünf Runden vor Schluss beträgt der Vorsprung auf Verfolger Basel äußerst beruhigende 13 Punkte.
Hütter steht in Bern vor dem sportlichen Ritterschlag. Seit 32 Jahren wartet der Verein auf den Gewinn der zwölften Meisterschaft, in den beiden vergangenen Saisonen ist man dem großen Ziel als Zweiter zumindest wieder etwas näher gekommen. Im September 2015 hat Hütter beim Traditionsklub angeheuert, nachdem die Zusammenarbeit mit Red Bull Salzburg nach nur einer Saison ein Ende gefunden hat. Mit den „Bullen“ist er Meister und Cupsieger geworden, der Vorarlberger aber konnte sich mit der von Ralf Rangnick ausgegebenen Strategie des Ausbildungsvereins nicht identifizieren. Auch die Vorgabe von oben, wie sein Team zu spielen habe, hat für Zündstoff gesorgt.
Dann kam das Angebot aus der Schweiz, Hütter nahm es an. Nach drei Jahren kontinuierlicher Entwicklungsarbeit und kurz vor dem Coup stehend sagt er: „Es ist schwieriger, mit Young Boys Meister zu werden als mit Salzburg.“Der 48-Jährige könnte wahrlich Außergewöhnliches schaffen, steht seine Mannschaft am 27. Mai doch auch im Cupfinale gegen den FC Zürich. Ein Double im Ausland, das hat vor Hütter bislang nur ein heimischer Trainer geschafft: Ernst Happel gewann Meisterschaft und Pokal mit Feyenoord Rotterdam 1969 und dem FC Brügge 1977.
Hütter hat seinen Marktwert als Trainer in der Schweiz gehörig gesteigert. Im November bemühte sich Werder Bremen um ihn, der ehemalige Mittelfeldspieler wollte sich aber nicht der Titelchance mit Bern berauben und stattdessen die undankbare Aufgabe Abstiegskampf annehmen.
Auch auf der Liste von ÖFBSportdirektor Peter Schöttel stand der Name Adi Hütter, noch aber kam die Teamchefanfrage zu früh. Was am Saisonende passiert, ist derzeit Thema laufender Spekula- tionen. Der Vertrag des Erfolgscoachs läuft zwar noch bis 2019, doch nimmt das Trainerkarussell in Deutschland erst einmal so richtig Fahrt auf, könnte auch Hütter eine entscheidende Rolle spielen.
Die halbe Bundesliga hat sich auf der Trainerposition für die kommende Saison noch nicht festgelegt, und der Hohenemser wittert seine große Chance. Er sagt: „Das Ziel Bundesliga habe ich, das habe ich schon vor ein, zwei Jahren gesagt. Ich denke, ich bin auch reif dafür.“Ein Abgang aus der Schweiz ist dennoch längst nicht beschlossene Sache. „Es ist nicht so, dass ich davonlaufen muss. Ich bin sehr gern hier“, erklärt Hütter, den natürlich auch der erstmalige Einzug in die Champions League reizt. Mit Bern ist er bislang zweimal (Mönchengladbach, ZSKA Moskau), mit Salzburg einmal (Malmö) gescheitert. (cg)