Mehr Geld für Bankenaufsichtsräte
Banken. Die Erste Group im Dilemma: Probate Aufsichtsräte zu finden, wird immer schwieriger. Die Bank will daher die Gagen erhöhen. Zuletzt erntete sie dafür allerdings Buhrufe.
Banken und Geld – ein höchst emotionales Thema. Nein, es geht nicht um jenes Geld, das brav auf den Konten liegt. Sondern um das Geld, das Banker als Gage einstreifen. Das ist immer noch ein Garant für maximale Aufregung, vor allem seit der Finanzkrise. Interessantes ereignete sich aber am Dienstag: Da wurde ein Ranking der Vorstandsbezüge der ATX-Unternehmen publiziert – und wieder steht ein Banker an der Spitze. Diesmal ist es Bawag-Chef Anas Abuzaakouk, er hat im vergangenen Jahr 14,1 Millionen Euro verdient. Doch der Protest blieb aus. Weil die Bawag ausländische Eigentümer hat? Weil die Arbeiterkammer mit anderen Dingen beschäftigt war? Seltsam ist es jedenfalls: Über die Jahre musste sich Erste-Chef Andreas Treichl immer wieder seine (Drei-)Millionen-Euro-Gage vorwerfen lassen. Wird da mit zweierlei Maß gemessen? Bald wird man es wissen. Denn die Erste Group will die Vergütungen für ihre Aufsichtsratsmitglieder erhöhen. Ob es da zu einem Aufschrei kommen wird?
Die Bank hat mit dem Thema jedenfalls eher keine so guten Erfahrungen gemacht. Zuletzt hat sie die Gagen für ihre Aufsichtsratsmitglieder im Jahr 2011 erhöht. Und erntete Buhrufe bei der Hauptversammlung und harsche Kritik seitens der SPÖ. Das Timing und das Ausmaß der Erhöhung war auch alles andere als perfekt: Zwei Jahre davor hatte die Erste als erste Bank des Landes Staatshilfe in Form von Partizipationskapital in Höhe von 1,22 Milliarden Euro erhalten. Da nützte es auch nichts, dass das Institut im Jahre 2011 die Finanzkrise schon gut verdaut und die Staatsgeld-Rückzahlung in die Wege geleitet hatte. Von den Aktionären gab es „Pfui“-Rufe und lautstarke Kritik an der „dreisten und unverschämten“Vorgangsweise. Es war ja auch starker Tobak: Die Vergütung der Kontrollore wurde von jährlich insgesamt 350.000 auf 700.000 Euro verdoppelt. Selbst der damalige ErsteAufsichtsratschef, Heinz Kessler, musste vor den teils erbosten Aktionären einräumen, dass „der Schritt optisch nicht schön ist“.
Das Institut steht seitdem bei Kleinanlegern und „Neoliberalismus“-Kritikern gleichermaßen unter Beobachtung. Sie könnten bei der Hauptversammlung am 24. Mai auf ihre Rechnung kommen. Denn am Dienstag wurde die Tagesordnung für das Aktionärstreffen veröffentlicht – und dort findet sich der Antrag einer nochmaligen Erhöhung der Vergütungen für Aufsichtsratsmitglieder. Diesmal sollen sie von 700.000 auf 900.000 Euro für zwölf Aufseher steigen.
Eine Kampfansage? Ein Fall von „Jetzt erst recht“? Na ja – das wäre nach einer Erhöhung, die immerhin sieben Jahre zurückliegt, dann doch einigermaßen weit hergeholt. Andererseits: Wieso tut sich das die so oft geprügelte Erste tatsächlich an?
„Weil die Regulatorik zugenommen hat, und diese hat eben ihren Preis“, sagt Aufsichtsratspräsident Friedrich Rödler. „Die inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen an Aufsichtsräte haben sich dramatisch verändert, vor allem bei den Banken.“Und da sei es der falsche Ansatz, bei der Qualität der Kontrolle zu sparen.
Tatsächlich wird es für die Erste (wie wohl für andere Institute auch) immer mühsamer, geeignete Mitglieder für ihren Aufsichtsrat zu finden. Das war schon in den vergangenen Jahren nicht unbedingt einfach. Eine neue Richtlinie der Europäischen Bankenaufsicht, die mit 30. Juni in Kraft tritt, bringt aber weitere Erschwernisse.
So werden die Vorschriften zur kollektiven Eignung eines Kontroll- gremiums in Hinkunft sehr penibel überprüft werden. Dabei geht es um die Zusammensetzung eines Aufsichtsrats. Er soll mit Experten aller möglichen Wirtschaftsbereiche, mit denen das Institut zu tun hat, besetzt sein. Rödler: „Verlangt wird Diversität bei Branchen, Geschlecht, Alter und geografischer Herkunft.“Gerade Aufsichtsratsmitgliedern aus dem Ausland müsse man aber auch eine entsprechende Vergütung anbieten, denn in anderen europäischen Ländern wird ihnen ein Vielfaches von dem geboten, was in Österreich üblich ist.
Auch die individuelle Eignung eines Aufsichtsratsmitglieds wird künftig strenger geprüft werden. Dazu gibt es pro Person echte Konvolute mit Detailfragen, die zu beantworten sind. Und zwar Jahr für Jahr. Da geht es um fachliche Kompetenz, Integrität, Unvoreingenommenheit, aber auch um die Zeit, die für das Aufsichtsratsmandat zur Verfügung steht. Die Grundformel: Wer mehr Zeit hat, prüft auch besser. Zumal Bankenaufsichtsräte auch immer mehr in die Verantwortung genommen werden und beispielsweise auch Risikoentscheidungen mittragen müssen. Rödler: „Aufsichtsrat zu sein ist ein Fulltime-Job geworden. Nebenher machen kann man das nicht mehr.“
Breiter Raum wird auch dem Thema Unabhängigkeit eingeräumt. Diese ist der Europäischen Bankenaufsicht immens wichtig, wiewohl die Definition eines un- abhängigen Aufsichtsratsmitglieds eher vage ist. „In erster Linie geht es darum, dass sich kein Mitglied von sachfremden und persönlichen Motiven leiten lassen darf.“Heißt: Jedes Mitglied des Kontrollgremiums, das auch nur irgendwie in Geschäftsbeziehung zur Bank steht, muss sich allerlei Fragen gefallen lassen. Und sei es, dass die Person eine bedeutende Funktion in einem anderen Unternehmen hat, das beispielsweise einen Kredit bei der Bank bekommen hat.
Vielen Aufsichtsratsmitgliedern ist all das schön langsam mühsam. Unternehmerin Bettina Breiteneder hat den Erste-Aufsichtsrat jedenfalls vor einem Jahr verlassen. Die ausufernde Regulatorik soll für sie jede Verhältnismäßigkeit verloren haben.
Für sie konnte mit Maximilian Hardegg Ersatz gefunden werden. Aber wie sieht es dann nächstes Jahr aus? Da laufen gleich vier Mandate von insgesamt zwölf Erste-Kapitalvertretern aus – und zwar jene von Elisabeth BleylebenKoren, Marion Khüny, Elisabeth Krainer Senger-Weiss und Gunter Griss. Im Jahr darauf sind es weitere zwei.
Die Erste hat also zwei Möglichkeiten: Entweder die Mandate werden einfach verlängert. Oder sie kann schon einmal mit der langwierigen Suche nach Ersatz beginnen. Was wiederum die Erhöhung der Gagen erklären würde. Emotionen hin oder her.