Die Presse

Ein klingender Ruf ins All

Die internatio­nalen Barocktage Stift Melk feiern 40 Jahre ihres Bestehens und präsentier­en internatio­nale Größen der barocken Musik. Das heurige Motto: „Il Suono dell’Universo: Die Schöpfung und ihre Naturgewal­ten“.

- VON ELISABETH STUPPNIG

Vivaldi, Händel oder Telemann – sie alle vertonten Stürme, Winde, Wellen der Liebe und des Aufbegehre­ns. Oft waren die Komponiste­n selbst auf Reisen und erlebten die Naturgewal­ten, die Musik des Universums, am eigenen Leib. Man könnte das heurige Motto der Barocktage aber auch als Reise durch die Zeit, die inneren Gefühlen und den Ursprung des Lebens sehen. Pfingsten als Zeit der Reflexion inspiriert­e schon seit jeher, sich den essenziell­en Fragen des Lebens zu stellen. Über das Motto des heurigen Festivals sagt der künstleris­che Leiter, Michael Schade: „Man macht sich bewusst, wie klein unsere Welt und wie groß unser Universum ist. Der Klang des Universums ist wie ein einladende­s Lied, unser ,Ich‘ zu reflektier­en.“Wo könne das, so Schade, besser geschehen als im Stift selbst, seit Jahrhunder­ten Sitz der Benediktin­er und damit zentraler Ort des Denkens, des Wissens und des Studierens.

Nächtliche musikalisc­he Spaziergän­ge, Matineen, Streitgesp­räche, Konzerte für die Kleinen sowie ein Mix aus Moderne und Barock stehen auch heuer wieder auf dem Programm der Internatio­nalen Barocktage, die heuer 40 Jahre Pfingstkon­zerte feiern.

Als festlichen Rahmen wird der Concentus Musicus Wien unter Stefan Gottfried sowohl das Eröffnungs­konzert am 18. Mai als auch das Abschlussk­onzert am Pfingstmon­tag gestalten. Das Residenzor­chester der Internatio­nalen Barocktage wird als Auftakt Joseph Haydns „Die Schöpfung“präsentier­en. Als Solisten wird Michael Schade selbst gemeinsam mit Florian Bösch, Anna Lucia Richter und dem Salzburger Bachchor zu erleben sein. Ein ungewöhnli­cher Auftakt für ein Barockfest­ival? Schade ist es ein persönlich­es Anliegen, das Erbe Harnoncour­ts, des Gründers des Concentus Musicus, weiterzutr­agen: „Harnoncour­t hat uns gelehrt, dass jedes Stück, egal ob Klassik oder Romantik, seine Wiege im Barock hat.“

Heuer ist das Stift vor allem Ort des Austausche­s – Haydns monumental­em Oratorium folgt ein wissenscha­ftlich-theologisc­her Diskurs nach der Frage zum Ursprung des Lebens (siehe Artikel unten). Stürme von Vivaldi, Locke und Händel kommen vom kroatische­n Barockense­mble unter der Leitung der Geigerin Laura Vadjon. „Sie werden diese wahnsinnig­en Stürme spielen, die wir brauchen, um überhaupt in das neue Land zu kommen“, sagt Schade.

Das neue Land ist Argentinie­n. Aus Argentinie­n nämlich stammen zahlreiche Barockmusi­ken und Weltstar Mezzosopra­n Bernarda Fink, die erstmals in Melk zu erleben ist. Gemeinsam mit dem Bach Consort Wien unter Ruben´ Dubrovsky lädt sie zu einer musikalisc­hen Spurensuch­e: Durch die Alte Welt im Lateinamer­ika des 16. Jahrhunder­ts, beeinfluss­t von afrikanisc­hen Sklaven und spanischen Eroberern, hin zur neuen Welt, in der viele der barocken Melodien noch in den Volksmusik­en enthalten sind.

Zu Gast sind heuer auch Musiker von William Christies weltbedeut­enden Les Arts Florissant­s. Barockgeig­er Hiro Kurosaki, der dem Ensemble viele Jahre als Kon- zertmeiste­r vorstand, wird in einer Matinee das barocke Frankreich des Sonnenköni­gs wieder aufleben lassen und gemeinsam mit Clement´ Geoffroy am Cello Werke von Couperin, Lambert und Clerambaul­t´ präsentier­en.

Wichtig ist Schade, bei der Programmie­rung seines Festivals nicht museal zu denken: „Das Geniale ist, wenn man Musik nimmt und sie so sprechen lässt, als wäre sie gerade erst komponiert worden. Man muss dieses Feuer immer wieder anzünden.“

Seit 2016 fester Programmpu­nkt bei den Barocktage­n ist daher OffRoad Barock, eine Crossover-Schiene, die zeitgenöss­ische Interpreta­tionen alter Musik ins Zentrum rückt. Echo-Preisträge­r und Jazzbassis­t Dieter Ilg wird seine Bearbeitun­gen von Werken Bachs und Händels am Pfingstmon­tag zum Besten geben.

Im Rahmen von Barocktage für Kinder wird das junge Publikum mit „Mäuschen Max“in Berührung kommen.

Ein Anliegen, das Schade besonders wichtig ist, ist die Förderung junger Künstler.

Das Preisträge­rkonzert Stella Juventutis wird dieses Jahr der Gewinner des Johann-HeinrichSc­hmelzer-Wettbewerb­s 2017, Blockflöti­st Maximilian Volbers, gestalten. Er wird sich gemeinsam mit Christoph Urbanetz an der Viola da Gamba und Andreas Gilger am Cembalo mit dem Weltbild des 18. Jahrhunder­ts auseinande­rsetzen. „Ich möchte junge, interessan­te Menschen fördern. Das Feuer muss schließlic­h weitergetr­agen werden“, so Schade.

Bleibt eine Frage: Wohin wird die Reise als Nächstes gehen?

Geht es nach dem Intendante­n, so soll das Festival noch größer und noch internatio­naler werden: „Nur weil wir heuer 40 Jahre Barocktage feiern und groß denken, heißt das nicht, dass wir uns nächstes Jahr zurücklehn­en.“Michael Schade, der von sich selbst behauptet, er sei ein begeistert­er Kulturmitd­enker, erklärt: „Es gibt ja nix Faderes als Gemütlichk­eit, außer man sitzt im Wirtshaus.“

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[ Daniela Matejschek ]
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[ Julia Wesely ]

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