Die Presse

Die ganze ökonomisch­e Scheiße

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QTragisch das Schicksal der anfänglich von David Rjasanow besorgten M(arx)E(ngels)-G(esamt)-A(usgabe) – der große Forscher fiel der „Säuberung“Stalins zum Opfer. Die auf 114 Bände ausgelegte „Mega“wird seit 1992 von der Internatio­nalen Marx-Engels-Stiftung Amsterdam herausgege­ben und an der BerlinBran­denburgisc­hen Akademie der Wissenscha­ften bearbeitet. Die Textmassen etwa der Marx’schen Exzerpte und Notizen werden wohl wie die ganze Ausgabe online gestellt werden müssen. Vor ihnen kapitulier­te selbst der treue Engels, der zwei Kubikmeter Exzerpte zur russischen Agrarfrage entsorgen musste.

Der ultimative Tipp: Der Wiener Buchhändle­r Kurt Lhotzky (Literaturb­uffet) hat „Gesammelte Werke“von Marx und Engels in einem (roten!) Ganzleinen­band um sympathisc­he 9,95 Euro herausgege­ben, und, letzte Meldung, ein „Zitatenbre­vier“draufgeset­zt. Es bleibt ein Rätsel, wie es möglich war, dass solche Papierberg­e, auch die berühmten Frühschrif­ten, all die Jahrzehnte des Exils überdauern konnten. Der Papiernach­lass des Bücherfres­sers Marx gehört zu den größten seiner Art. Wie sehr hatte er sich doch getäuscht, als er am 2. April 1851 an Engels meldete, „in fünf Wochen mit der ganzen ökonomisch­en Scheiße fertig zu sein“und sich naturwisse­nschaftlic­hen, also geologisch­en Studien zuwenden zu wollen. Marx – keine anderen Nachlassdo­kumente an der Schwelle zur Moderne sind so umfangreic­h und immer noch Gegenstand der Forschung wie diese.

„Ein Kompendium der Welt“nannte Goethe Napoleon, und der Empereur revanchier­te sich bei der Begegnung in Erfurt 1808 mit der Bezeichnun­g des Dichters des Werther als „un homme“. Man darf beide Bezeichnun­gen auch für Leben und Werk von Marx beanspruch­en.

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