Verschwinden Sie, karascho!
MQoskau ist zufrieden: Wieder ein prominenter Mann aus dem Westen, auf den man setzen kann. In diesem Fall ist es ein französischer Schriftsteller. In eine calvinistische Familie hineingeboren, hat dieser den Ballast bürgerlich-christlicher Morallehren abgeworfen und sich auf die Seite des Sozialismus geschlagen. Gerade erst hat er als Mitorganisator eines Kongresses antifaschistischer Autoren die Sowjetunion gegen Angriffe jener Delegierten verteidigt, die sich für die Freilassung eines inhaftierten Regimekritikers eingesetzt hatten.
Ein Hoffnungsträger, den man nun zu einer Studienreise durch Russland einlädt. Kurz nachdem der Gast in Moskau angekommen ist, stirbt Maxim Gorki. Dem Franzosen wird die Ehre zuteil, eine der Trauerreden zu halten. Dabei stellt man ihn auch jenem Mann vor, den er seit Längerem beobachtet. Ihn will er unbedingt zu einem Gespräch treffen. Man gewährt ihm eine Audienz, und er steht zum vereinbarten Zeitpunkt vor dem Arbeitszimmer bereit, in dem die Begegnung stattfinden soll. Dort erlebt er, wie allerlei Herren in Uniform geschäftig einund ausmarschieren. Als er anklopft und die Tür einen Spalt zu öffnen versucht, wird sie ihm vor der Nase zugeschlagen: Er möge verschwinden, heißt es. Termin geplatzt.
Hätte er nicht damit rechnen müssen, dass jener Politiker, der dafür bekannt ist, Augen und Ohren offen zu halten und selbst im Ausland Spitzel positioniert zu haben, auch ihn oberservieren lässt? Im Vorfeld seiner Reise hatte der Autor einem Kollegen anvertraut, was er in Moskau als wesentliche Mission sehe: Als bekennender Homosexueller möchte er das Problem der Verfolgung gleichgeschlechtlicher Liebe diskutieren.
Doch davon will man im Kreml absolut nichts wissen und verweist ihn des Hauses. Die Fahrt durch die UdSSR darf der Franzose dann noch machen. Sie wendet seinen Blick. Nach seiner Rückkehr nach Paris schreibt er ein Buch, in dem er das Sowjetregime als „Diktatur eines Mannes“anprangert, der die Idee von der Befreiung des Proletariats pervertiert habe. Worauf man ihn sowohl in Russland als auch im Westen geißelt. Tröstet ihn der Nobelpreis, der ihm einige Jahre später verliehen wird?
Wer traf wen? Um welches Buch handelte es sich? Was waren dessen Folgen?