Auf den Spuren von Saboteuren und Skipionieren
Telemark. In der südnorwegischen Provinz finden Wanderer von Gipfeln über Schluchten bis hin zu Schären so ziemlich alles, was man von Norwegen erwartet – nur keine Fjorde. Die Region gilt dafür als die Wiege des modernen Skisports. Und im Zweiten Weltkri
Die Operation Gunnerside im Zweiten Weltkrieg ist in Norwegen längst zum nationalen Mythos avanciert. Das mehrmals verfilmte Ereignis, zuletzt für die britisch-norwegische TV-Serie „Saboteure im Eis“, spielte sich folgendermaßen ab: Im Februar 1943 sabotierten norwegische Widerstandskämpfer die Produktion von schwerem Wasser, das den Deutschen bei der Herstellung von Atombomben helfen sollte. Solches Wasser war schwer herzustellen, es fiel aber als Nebenprodukt der Ammoniakherstellung durch die Firma Norsk Hydro in Vemork in der norwegischen Provinz Telemark an.
Mehrere Versuche, den Deutschen den Zugang zum schweren Wasser zu versperren, waren bereits gescheitert – und zwar nicht zuletzt an schlechten Witterungsbedingungen im Winter: So waren im November 1942 zwei Schleppflugzeuge einer britischen Spezialeinheit abgestürzt, die die Produktionsanlage zerstören sollte. Die Operation Gunnerside drei Monate später glückte jedoch, die Produktionsanlage wurde gesprengt. Damit war die Geschichte freilich noch nicht zu Ende: Die Deutschen bauten die Anlage wieder auf, die Alliierten bombardierten sie, die Deutschen versuchten, die Halbfabrikate an schwerem Wasser nach Deutschland zu transportieren, was norwegische Saboteure durch die Sprengung der Eisenbahnfähre Hydro verhindern konnten. Das Kraftwerksgebäude, das neben der Fabrik steht, gibt es noch, es beherbergt heute das Norwegische Industriearbeitermuseum und wurde vor drei Jahren wegen seiner eindrucksvollen Lage und Bauweise in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen. Man kann dort Turbinen und historische Dokumente besichtigen.
Doch zurück zur Operation Gunnerside: Die fand mitten im norwegischen Winter statt, die Widerstandskämpfer mussten bei Nacht und Nebel die Schlucht bei Vemork bezwingen, bevor sie das Tor zum Fabrikgelände aufsprengen konnten.
Wir folgen auf unserer Wanderreise durch die Telemark ihren Spuren, allerdings untertags und bei strahlendem Sonnenschein. Die Tour soll „mittelschwer“sein, versichert unser Reisebegleiter, Mike, ein gebürtiger Waliser, der schon länger in Norwegen lebt. Konditionelle Schwierigkeiten scheint sie tatsächlich nicht zu bereiten. Der Saboteurspfad führt zunächst über Forststraßen, über ein paar Hügel, durch den Wald, über ein Plateau, zwischen Heidelbeeren durch, die hier überall wachsen. Wir wandern durch schattige Schluchten, ein paar Bäche sind zu überqueren, manche mit und manche ohne Brücke.
Doch dann kommt die Schlucht bei Vemork. Und die zu überwinden ist auch bei Tageslicht und Sonnenschein nicht ganz einfach, wie wir feststellen müssen. Wir halten uns für den Ab- und Aufstieg an Seilen fest und müssen schließlich auch einen größeren Bach überqueren. Das sei, so erklärt Mike, überhaupt kein Problem. Man dürfe das über den Bach gespannte Seil nur zur Absicherung nutzen, sich aber nicht daran festklammern. Denn sonst verliere man den Halt und lande unweigerlich im Wasser. Einige von uns beherzigen den Ratschlag dann doch nicht und müssen hoffen, dass ihre Wanderschuhe über Nacht wieder trocken werden.
Denn am nächsten Tag geht es auf den Gaustatoppen, mit einer Höhe von 1883 Metern der höchste Berg Südnorwegens. Das klingt für erfahrene österreichische Bergwanderer nicht wirklich hoch, doch bei klarem Wetter soll man vom Gipfel aus ein Sechstel Norwegens überblicken können. Bis zum Meer soll man auf einer Seite sehen können, auf der anderen bis zur schwedischen Grenze.
So klar ist es an diesem Tag nicht, es schaut ständig nach Regen aus, doch hält das Wetter schließlich doch. In der Nähe liegt das Wrack eines Flugzeugs, das am steilen Südhang abgestürzt ist und nie geborgen wurde. Es gibt jedoch mehrere Wege, den Gaustatoppen zu besteigen, der leichteste und beliebteste beginnt auf dem Parkplatz Stavsro auf einer Höhe von 1170 Metern und kann in zwei oder zweieinhalb Stunden bewältigt werden, je nachdem, ob man ohne Unterbrechung die Strecke durchgeht oder Pausen einlegt.