En gros, en d´etail und en design
Wohnen am Markt. Die Lebensadern der Stadt werden von Immobilieninvestoren neu entdeckt: Zahlreiche Wohnbauprojekte entstehen in deren Nähe. Und werten damit auch die Märkte auf.
Es gibt nicht nur den Naschmarkt: An 16 weiteren „Detailmärkten“werden in Wien täglich außer Sonntag Lebensmittel und andere Waren angeboten. Etwa auf dem Rochusmarkt im dritten Bezirk mit seinen rund 40 Ständen. Die Amisola Immobilien AG hat an der Südostfront des Platzes bereits vor 20 Jahren einen damals als Büroturm genutzten Betonskelettbau erworben und kürzlich zu 50 Wohnungen zwischen 40 und 111 Quadratmetern umgebaut. Binnen kurzer Zeit waren alle Wohnungen vergeben. Für Amisola-Gesamtprokurist Christoph Koessler ist der Markt vor der Haustür ein Identifikationspunkt, der „Grätzelwirkung“entfaltet und somit einen Mehrwert für neu hinzuziehende Anrainer darstellt.
Eine gute Grundversorgung mit Lebensmitteln ist für Wohnungssuchende ein entscheidender Standortfaktor. Stefan Lettner vom Beratungsunternehmen Cima Österreich bestätigt: „Märkte binden die Kaufkraft in unmittelbarer Nähe.“Größtes Potenzial haben dabei laut Lettner „designte Märkte“, die neben einem Branchenmix auch ein reiches Gastronomieangebot bereitstellen. Events steigern diesen Effekt – etwa in Währing, wo auf dem Kutschkermarkt zweimal jährlich ein Genusspfad stattfindet. Die Raiffeisen Wohnbau hat dort zwei Wohnbauprojekte (Kreuzgasse, Theresiengasse) umgesetzt. „Solche Märkte sowie die aus Nordeuropa zu uns vordringenden Genussmarkthallen ziehen Wohnungssuchende an, weil sie dem modernen Genusstrend Rechnung tragen“, ergänzt CimaGeschäftsführer Roland Murauer. Vorwiegend junge Menschen, die das Leben zu genießen wissen, abends ausgehen, aber bereits eigene Familien gründen – das ist für Peter Hack, GF der Liv Immobilienvermarktung, die typische Klientel solcher Wohnungsange-
Wo Leben ist, ist oft auch Lärm. So aufregend der Wohnzimmerblick direkt auf den Markttrubel auch sein mag, so störend kann der Geräuschpegel sein – mitunter schon vor Marktbeginn, wenn die Zulieferfahrzeuge kommen. Und danach, wenn gereinigt wird. Balkone zum Markt hin sind daher nichts für Lärmempfindliche, Fenster mit Schallschutz zu empfehlen. bote. Diese hat vor Kurzem mit der Errichtung von 37 Ein- bis Vierzimmerwohnungen in der Zeleborgasse begonnen. Fertigstellungstermin soll im kommenden Jahr sein. Gleich „ums Eck“befindet sich der Meidlinger Markt, der vor allem für Obst und Gemüse, aber auch für Stände mit orientalischem Flair bekannt ist. „Die Marktnähe ist durchaus ein Verkaufsargument“, sagt Hack.
Mit der Marktnähe wirbt auch die Raiffeisen Wohnbau für ihr aktuelles Projekt in der Obkirchergasse in Döbling: Der Sonnbergmarkt, bekannt für Fleisch, Fisch, Backwaren und Obst, befindet sich wenige Schritte entfernt. 14 Wohnungen mit Balkon, Terrasse oder Gar-
So verlockend die Wohngegend Markt sein kann, sollte man sich davon nicht blenden lassen und die Wohnungsdetails nicht außer Acht lassen. Experten raten, sich wie bei allen Entscheidungen besonders den Grundriss genau anzusehen. Er entscheidet vor allem bei kleinen Wohnungen darüber, wie brauchbar das Objekt in der Praxis ist. ten sollen dort noch vor dem Sommer bezogen werden. Für Investoren lohne sich ein derartiger Standort, da „die Bewohner diese Mikrolage schätzen“. Für Lettner ist der in der Zwischenkriegszeit entstandene Sonnbergmarkt ein „Paradebeispiel für einen Markt, der sich in einem bereits vorhandenen Wohngebiet etabliert hat“.
Hack kann sich vorstellen, dass auch in weiteren Wohnvierteln neue Märkte entstehen. Als Beispiel nennt er die Fußgängerzone am Spittelberg, die derzeit für einen Weihnachtsmarkt genutzt wird. „Märkte tragen dazu bei, Stadt- und Bezirkskerne zu revitalisieren“, sagt Murauer. Die Symbiose mit neuen Wohnungen in unmittelbarer Nähe verstärke diesen Effekt.