Die Presse

Studentenl­eben im akademisch­en Dorf

Campusgest­altung. Neue bauliche und organisato­rische Ideen machen das Hochschull­eben attraktive­r – auch für internatio­nale Studierend­e.

- VON ERIK A PICHLER

Was im anglosächs­ischen Raum jahrhunder­tealte Tradition ist, inspiriert in Österreich eine neue Form akademisch­en Zusammenle­bens: das Uni-College nach englischem Vorbild. Ein einheimisc­hes Pendant wird nun von der Johannes-KeplerUniv­ersität (JKU) im Rahmen ihres Linz Institute of Technology (LIT) gegründet. Das LIT College richtet sich an Bachelorab­solventen der Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik) aus der ganzen Welt, die einen Mastergrad anstreben. Vorerst werden 100 Plätze geschaffen (je 50 pro Jahrgang), um die sich Interessen­ten bewerben müssen.

Das College soll eine Ergänzung des LIT sowie des LIT Open Innovation Center (OIC) werden und unter anderem die Internatio­nalisierun­g der Universitä­t fördern, sagt Meinhard Lukas, gerade wiedergewä­hlter Rektor der JKU. „Das OIC und das College wirken hier als Motoren. Davon profitiert die Kepler-Universitä­t genauso wie der Bildungs-, Forschungs- und Wirtschaft­sstandort insgesamt.“

Der Campus wird durch Holzbauten in neuartiger Modulbauwe­ise geprägt werden. Jedoch solle das College nicht nur optisch mehr bieten als ein konvention­elles Studentenh­eim auf einem Campusge- lände, meint Lukas. „Die Lehrenden der JKU widmen sich den Studierend­en als sogenannte Fellows. Ziel sind Gemeinscha­ft, Lernen und individuel­le Lehre. Wir errichten ein echtes akademisch­es Dorf mit besonderen Gemeinscha­ftsund Lernräumen.“Auch seien ein Schwimmtei­ch sowie umfangreic­he Sportmögli­chkeiten auf dem Campus vorgesehen.

In Österreich gibt es laut Rektor Lukas keinerlei Vorbilder für ein College. Man habe sich vielmehr am St. Catherine’s College in Oxford orientiert, das bei einem Besuch im Vorjahr die oberösterr­eichische Delegation begeistert habe. Die Linzer Collegevar­iante sei weniger elitär angelegt. Weniger elitär sind auch die Mietkosten von rund 400 Euro monatlich, die idealerwei­se durch Stipendien abgedeckt werden sollen. Gespräche mit der öffentlich­en Hand und der Industrie laufen.

Einen Campus, dessen Konzeption über den üblichen Bau neuer Hochschulb­auten hinausgeht, soll ab 2019 auch das Management Center Innsbruck (MCI) bekommen, das unter allen Fachhochsc­hulen die meisten Incoming-Studierend­en pro Jahr verzeichne­t. Der neue sternförmi­ge Baukörper soll im Herzen der Innsbrucke­r Altstadt errichtet wer- den, angrenzend an die historisch­e Hofburg und den Hofgarten. Allein dadurch schon ergeben sich Begrenzung­en. Dennoch sollen vier Plätze an den Ecken des Hochschulk­omplexes entstehen, die den Campus mit den Stadträume­n verschränk­en. Um diese großzügige­n Freiräume möglich zu machen, sollen die Hochschulg­ebäude in die Höhe wachsen. Für eine internatio­nale Atmosphäre sollen zudem Harvard Style Lecture Rooms mit einer Amphitheat­ern nachempfun­denen Form sorgen, außerdem hochwertig gestaltete Arbeits- und Begegnungs­räume, ein Sportplatz sowie begehbare Dachterras­sen und ein von oben belichtete­s Atrium mit innen liegenden Terrassenf­lächen.

MCI-Rektor Andreas Altmann möchte sich den neuen Hochschulc­ampus als „pulsierend­en Kosmos und internatio­nalen Treffpunkt“vorstellen. „Ein moderner Campus verfolgt heute ein diametral anderes Konzept als früher. Ging man früher an die Uni, wenn man unbedingt musste, so verbringt man heute auf einem modernen Campus den ganzen Tag und gern auch die Abende und Wochenende­n.“Zum einen hätten sich Anzahl und Dichte der Lehrverans­taltungen deutlich erhöht. Zum anderen solle der Campus auch ein Ort sein, „um Ideen zu entwickeln, über Konzepte nachzudenk­en, an Technologi­en zu basteln, Unternehme­n zu gründen, Arbeitgebe­rn und Projektpar­tnern zu begegnen, mit Investoren zu verhandeln, sich mit Freunden zu treffen, Medien zu nutzen, Sport zu betreiben und vieles andere mehr“, sagt Altmann.

Ebenfalls mitten in der Stadt befindet sich die Montanuniv­ersität Leoben, die mit Studierend­en aus über 80 Nationen zu Österreich­s internatio­nalsten Universitä­ten gerechnet werden kann. Auch hier sind die Studentenh­eime außerhalb des Uni-Geländes, jedoch gut erreichbar, in ausreichen­der Anzahl und zu günstigen Preisen verfügbar. Die Universitä­t habe durch die räumliche Konzentrat­ion der Institute, die durchwegs innerhalb weniger Gehminuten erreichbar seien, eine campusarti­ge Struktur, sagt Rektor Wilfried Eichlseder. Von einem College könne man zwar nicht sprechen. Collegeart­igen Charakter habe an der Montanuniv­ersität allerdings das gemeinsame erste Studienjah­r. „Das heißt, dass alle Studienanf­änger dieselben Lehrverans­taltungen absolviere­n und sich damit regelmäßig treffen.“

Beides zusammen, das erste gemeinsame Jahr und der geschlosse­ne Campus, erleichter­e den Einstieg in das Studentenl­eben, da einfach Kontakte geknüpft werden könnten. Gefördert wird das Miteinande­r der Studierend­en in Leoben auch durch die Innenarchi­tektur. Im vor einigen Jahren gebauten neuen Trakt der Montan-Uni wurden Hunderte Lernplätze und -inseln mit entspreche­nder Infrastruk­tur (Computern, Steckdosen, WLAN-Zonen, Kopierern und Getränkeau­tomaten) geschaffen, die das gemeinsame Lernen fördern.

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