Design als Consulting-Leistung
Industrial Design. Von der reinen Produktgestaltung hat sich dieses Fach längst entfernt. Vielmehr will es in einem größeren, unternehmerischen Kontext wahrgenommen werden.
Die Industrie erwartet sich professionelle Gestalter innovativer Produkte und Prozesse. Design ist schon lang keine reine Behübschung mehr, sondern Teil des strategischen Innovationsprozesses in den Betrieben“, sagt Joachim HaindlGrutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich. Und spricht das aus, was Mario Zeppetzauer, Leiter des Studiengangs Industrial Design an der Kunstuniversität Linz, anregt. Seit 1970 gibt es dieses Studium, und es stand immer in enger Verbindung zur industriellen Fertigung. Zeppetzauer plädiert dafür, dass „Design eine Consulting-Leistung für ein gesamtes Unternehmen sein kann, weil dann Design zu einer Haltung wird“. Vor allem Familienunternehmen sei das verstärkt bewusst, weil diese einen gewissen Anspruch an die Produkte und sich selbst hätten. Neben einem dreistufigen Aufnahmeverfahren sei es wichtig für künftige Studierende, „neugierig zu sein, denn daraus können wir Rückschlüsse auf die Kreativität ziehen. Und wir erkennen im Aufnahmegespräch, ob jemand auch fähig ist, seine Ideen zu verfolgen und sich nicht entmutigen zu lassen, nur weil er negative Kritik erfährt“, erläutert Zeppetzauer. Das Studium Industrial Design wird in Linz als Bachelor- und Masterstudium angeboten.
Design und die damit verbundenen Prozesse können weitaus mehr leisten, als die Gestaltung von Produkten oder Produktsystemen. Davon ist auch der Leiter des Studiengangs Industrial Design an der FH Joanneum, Michael Lanz, überzeugt: „Das zeigt die in vielen Industriezweigen immer beliebter werdende Design-Thinking-Methode. Design Thinking greift auf die nutzerorientierten Vorgehensweisen aus dem De- signbereich zurück, um innovative Produkte und Dienstleistungen hervorzubringen, die sich an den bewussten und unbewussten Bedürfnissen der Nutzer und deren Fähigkeiten orientieren.“Er führt als Beispiel große Unternehmensberater wie McKinsey, Accenture oder Capgemini an, die in der vergangenen Jahren begonnen hätten, Designagenturen in ihre Unternehmensstrukturen zu integrieren. Und man stelle sich zunehmend auf die Digitalisierung ein: „Lehrveranstaltungen wie Mechatronik oder Interface Design und Usability tragen diesem Thema Rechnung.“Auch an der FH Joanneum kann man dieses Fach im Bachelorund Masterstudium absolvieren.
Die Universität für angewandte Kunst Wien führt wegen der hohen Bewerberzahlen zwei Abteilungen parallel: Industrial Design 1 und 2 sind beide fünfjährig, haben denselben Studienplan, allerdings eine unterschiedliche Ausrichtung und Interpretation: „Wir von ID1 sind näher am konkreten Objekt und untersuchen daran größere, aktuelle Fragestellungen. ID 2 nähert sich eher über die Fragestellungen an das Objekt an“, beschreibt Senior Artist Marcus Bruckmann. Seiner Ansicht nach hat Industrial Design die Aufgabe, sich „um eine lebenswerte gemeinsame Zukunft zu bemühen. Das beinhaltet heute die Frage des ressourcenschonenden Umgangs mit Materie und Energie, Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, der Verantwortung des Individuums für die Gemeinschaft, letztlich Fragen der Sinnhaftigkeit von Objekten.“Deshalb sei es empfehlenswert, gestalterisches Interesse und die Bereitschaft, Dinge zu hinterfragen und alternative Konzepte zu entwickeln, mitzubringen.
Neben diesen Studiengängen gibt es Bildungsangebote, die sich von einer anderen Perspektive dem Industriedesign nähern. Beispielsweise an der New Design Univer- sity. Dort bietet der Bachelor-Studiengang Design, Handwerk & materielle Kultur eine Basisausbildung für jede Art von Design: „Wir legen großen Wert auf die Vermittlung der Werkzeuge für professionelle Entwurfsarbeit und auf die Umsetzung und Produktion der Ergebnisse in hoher handwerklicher Qualität“, sagt Studiengangsleiter Hans Stefan Moritsch. Ein Teil der Bachelor-Absolventen hätte eine vertiefende Ausbildung im Industrial Design angehängt. „Im klassischen Sinn bilden wir aber keine Entwerfer für die industrielle Produktion aus. Wir thematisieren vielmehr in unseren Projekten sehr stark die Produktion auch mit neuesten ,postindustriellen‘ Technologien.“Etwa mit digitalen. Deshalb sei es wichtig, die Entwürfe selbst umsetzen zu können. Daraus resultiert laut Moritsch eine „tiefergehende Auseinandersetzung mit den Produktionsmitteln und wirkt sich wieder auf das Entwurfsverständnis aus“. Das Vollzeitstudium dauert sechs Semester.
Auf Industrial Design spezialisieren kann man sich auch an der FH Salzburg, und zwar im Rahmen der Studienrichtung Design und Produktmanagement. „Im Industrial Design geht es heute nicht mehr darum, ein Produkt nur ansehnlich oder gut benützbar zu machen. Produkte sind der wichtigste Transporteur der Markenbotschaft, des Markenerlebnisses. Sie müssen markenspezifisch gestaltet sein und die richtigen Markenbotschaften senden“, sagt Studiengangsleiter Günther Grall. Mitzubringen hätten künftige Absolventen deshalb auch eine gewisse Sensibilität, „um diese Botschaften zu spüren, aber auch in der Lage zu sein, neue Botschaften selbst zu erzeugen.“