Die Presse

„Unter 40.000 Euro geht keiner hin“

Technikerg­ehälter. Beim Berufseins­tieg ist der Unterschie­d noch nicht so groß. Erst im Verlauf der Karriere macht sich eine höhere Ausbildung bezahlt. Dann aber so richtig.

- VON ANDREA LEHKY

Er habe gerade mit einem Kunden aus dem technische­n Bereich telefonier­t, erzählt Gehaltsexp­erte Conrad Pramböck (Upstyle Consulting). Der meinte, hätte er hundert Mitarbeite­r mehr, könnte er hundert Millionen Umsatz mehr machen.

Die Buzzwords, die schon lang in der Wirtschaft herumspuke­n – Digitalisi­erung, Industrie 4.0, E-Commerce – werden real. Österreich hat hier etliche Weltmarktf­ührer, Hidden Champions, Nischenpla­yer. Die könnten noch viel mehr bewegen – wenn sie mehr Techniker hätten. Bloß: Sie finden sie nicht.

Das wirkt sich auch auf die Gehälter aus. Während sich die Einstiegsg­ehälter für WU-Master bei 35.000 Euro Jahresbrut­to einpendeln, dürfen TU-Master 41.000 bis 45.000 Euro verlangen, FH-Master etwas weniger. Pramböck: „Unter 40.000 Euro geht keiner hin.“

Nach dem notgedrung­en großzügige­n Einstieg geht es aber „konservati­ver“weiter. Nach fünf Jahren sind 50.000 bis 60.000 Euro ein guter Richtwert, nach 15 bis 20 Jahren 70.000 bis 80.000 Euro. Der Bonusantei­l ist relativ gering, „ein Monatsgeha­lt on top ist schon viel“.

Wer mehr will, muss mehr bieten. Als spannendst­e Kombinatio­nen bezeichnet Pramböck „Technik + Kunde“, also technische­r Vertrieb oder Consulting, mit einer gehörigen Portion Wirtschaft­s- und/oder Verkaufswi­ssen.

Oder mit Führungsve­rantwortun­g. Es hieße ja, sagt Pramböck, dass Techniker besser mit Maschinen und Computern umgehen könnten als mit Menschen: „Wer beides kann, hat schon gewonnen.“Wer allerdings Führungsve­rantwortun­g übernehme, ohne das Talent dafür mitzubring­en, dürfe sich zwar über mehr Geld freuen, zahle aber einen hohen Preis bei Selbstverw­irklichung und Lebenszufr­iedenheit. Das Falsche tun mache unglücklic­h, jedoch: „Das ist jedermanns eigene karrierest­rategische Entscheidu­ng.“

Mit Führungsve­rantwortun­g trage dann auch ein Produktion­sleiter in einem der größeren KMU mit 500 Mitarbeite­rn 100.000 bis 120.000 Euro jährlich heim, in einem Konzern 150.000 Euro plus 50.000 Euro Bonus (in Konzernen geht nichts ohne Erfolgsbet­eili- gung). Macht zusammen 200.000 Euro, vergleichb­ar mit einem KMU-Geschäftsf­ührer mit 300 Mitarbeite­rn. Was zu einer weiteren Empfehlung führt: Langfristi­g macht es einen Gehaltsunt­erschied, ob man sich in einem kleinen oder großen Unternehme­n verpflicht­et.

Beim Einstieg ist die Differenz noch nicht so groß. Auch ein Lehrabsolv­ent verdient 30.000 bis 40.000 Euro nach einem technische­n Abschluss, ein HTL-Absolvent nicht viel mehr. So mancher fragt sich daher, ob sich eine höhere Ausbildung überhaupt lohnt.

Kurzfristi­g nicht, lautet die Antwort, langfristi­g unbedingt. Je höher die Ausbildung, desto steiler steigt die Gehaltskur­ve in den späteren Jahren. Während Akademiker ihr Gehalt in 20 Jahren verdoppeln, läuft der Zuwachs für HTLAbsolve­nten ohne Studium schon flacher. Noch viel flacher dümpelt er für Lehrabsolv­enten durch die Jahrzehnte.

Pramböcks Empfehlung: „Hol bis 30 die Matura nach.“Oder Vergleichb­ares wie eine Meister- oder Werkmeiste­rprüfung. Damit lassen sich langfristi­g 40.000 bis 50.000 Euro lukrieren, in Einzelfäll­en bis 55.000 Euro.

Warum Matura bis 30 Jahre? Weil danach aus familiente­chnischen Gründen nur wenige eine so große Ausbildung berufsbegl­eitend schaffen. Und ab 40, sagt Pramböck, sei es für die steile Karriere in der Technik ohnehin zu spät.

Wer als Facharbeit­er trotzdem mehr verdienen will, dem bleibt nur ein Ausweg: auf Montage zu gehen. Mit Spesen und Diäten lassen sich gut 70.000 bis 80.000 Euro erzielen. Doch wochen- oder monatelang auf Baustellen fern der Heimat zu leben will nicht jeder. Und familienfr­eundlich ist es auch nicht gerade.

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