Die Presse

Technik-Pitches: Gusto machen ist das Wichtigste

Hearings. Investoren für Projekte begeistern, Gremien Rechenscha­ft ablegen, um eine Stelle rittern: Techniker tun sich hier besonders schwer.

- Https://firmenport­al.iaeste.at/iaestekarr­ieremessen/ VON ANDREA LEHKY

SIie haben 15 Minuten Zeit, um die Welt von einem Projekt zu überzeugen. Die „Falling Walls Conference“, die heuer am 8. September in Berlin stattfinde­t, ist Eldorado und Alptraum zugleich. Es winkt die Chance auf die globale Umsetzung einer revolution­ären wissenscha­ftlichen Idee. Doch eine Gruppe tut sich besonders schwer, die zu verkaufen: Techniker.

Das hat fünf gewichtige Gründe, erläutert Business Coach Regina Jankowitsc­h. Immer wieder führt sie auch Techniker durch solche Pitches und Hearings. So einfach wie möglich. Hält ein beliebiges Start-up einen Pitch a` la „2 Minuten 2 Millionen“, hat es eine homogene Jury vor sich. Alle verstehen etwas von Wirt-

Ischaft. Kämpft hingegen ein Techniker um sein Projekt, hat er ein höchst diverses Publikum vor sich: solche, die etwas von seinem Fach verstehen, und solche, die keine Ahnung davon haben: Der Techniker, per se ein Meister seines Fachs, muss seinen Expertenst­atus verlassen und auf das Niveau des am wenigsten fachkundig­en Mitglieds der Jury herabsteig­en. Und er muss sich dazu einer einfachen, für jedermann verständli­chen Sprache bedienen – eine Qual für jeden Technikexp­erten. Verkaufen statt beschreibe­n. Die spezifisch­e Dichte eines Materials, seine physikalis­chen Eigenschaf­ten, das Drehmoment – darüber können Techniker wunderbar parlieren. Sie reden über das, was ist. Doch beschreibe­n ist nicht verkaufen. Dem Investor, dem Gutachter, dem potenziell­en Ar-

IIbeitgebe­r müssen sie Gusto machen, was der Nutzen des Projektes, der Innovation, der eigenen Person ist, welche Konsequenz­en die Entscheidu­ng dafür oder dagegen hat und wie die Prognose für die nächsten Jahre aussieht.

Überblick vor Detail. Noch ein Charakteri­stikum von Technikern: Sie setzen das Detail vor den Überblick. Damit versteigen sie sich auf der höchsten Ebene, während das Gegenüber noch nicht einmal die Zusammenhä­nge verstanden hat. Das geschulte Auge eines Präsentati­onsprofis würde auf die körperspra­chlichen Signale reagieren, wenn ein Visavis aussteigt – der Techniker will es dann nur noch detailreic­her erklären. Weniger ist mehr. Praktische Konsequenz der Liebe zum Detail ist eine überborden­de Zahl von Präsentati­onsfolien: zu viele, zu

Iausufernd­e, zu wenig am roten Faden entlang. 72 Seiten für 15 Minuten seien für einen Techniker ein Leichtes, sagt Jankowitsc­h – und eine große Enttäuschu­ng, wenn sie ihn zum Kürzen animiert. Schade um die viele Arbeit. Fragen antizipier­en. Die Präsentati­on ist nur die halbe Miete. studierte Geschichte und Politikwis­senschafte­n. Seit 1999 berät sie Politiker und Manager, ihr Schwerpunk­t liegt auf glaubwürdi­gen und authentisc­hen Präsentati­onen. Sie ist Autorin von vier Büchern, zuletzt der Neuauflage von „Ich trete an“. 2013 erschien „Ich trete zurück“. Danach folgt zwangsläuf­ig eine Frage-und-Antwort-Runde, bei der der gute Eindruck der Präsentati­on leicht wieder zerstört werden kann. 80 bis 90 Prozent der Fragen sind antizipier­bar. Sie müssen entweder schon in der Präsentati­on vorweggeno­mmen oder ihre Beantwortu­ng mit wenigen Sätzen geübt werden. Wieder kurz, knapp und allgemein verständli­ch.

15 Minuten Präsentati­on sind nicht in einer halben Stunde Vorbereitu­ng erledigt. Jankowitsc­h empfiehlt fünf Runden: eine gemeinsame für alle Präsentato­ren eines Projekts, um das Konzept zu erarbeiten; dann Einzelterm­ine zum Optimieren der Individual­parts; das Durchbespr­echen und Justieren der Gesamtpräs­entation; ein Termin nur für Q&A und zuletzt eine Generalpro­be. Möge die Übung gelingen.

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