Geplatzte Friedensträume: Chronologie des Scheiterns
Korea-Verhandlungen. Wird Nordkorea sich an seine Friedensversprechen halten? Ein Blick auf die Geschichte lässt daran zweifeln.
Stillschweigend saßen sie da, ohne sich anzusehen. An zwei getrennten Tischen in einem Häuschen im Grenzort Panmunjom. Links Nordkoreas General Nam Il, rechts US-General William Harrison. Genau dort, wo sich am Freitag Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, und Nordkoreas Machthaber, Kim Jong-un, symbolträchtig die Hände schüttelten, besiegelten am 27. Juli 1953 Washington und Pjöngjang die Grenze, die für den blutigen Stellvertreterkrieg der USA, Chinas und Russlands symbolisch geworden war – und bis heute ein Zeichen des eingefrorenen Konflikts ist: der 38. Breitengrad.
Südkoreas kriegslüsterner Präsident Rhee Syng-man weigerte sich, das Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen. Heute ist der Süden kein direkter Vertragspartner der Waffenruhe. Das Schicksal der verfeindeten Koreas ist auch knapp 70 Jahre danach unwiderruflich an die USA geknüpft. Während sich US–Präsident Donald Trump das plötzliche Einlenken des Diktators aus dem Norden gern selbst an die Fahnen heftet, reichen die Friedensbemühungen je- doch schon Jahre zurück. Die erste Annäherung der Bruderstaaten ist wohl äußeren Umständen zu verdanken.
Nach dem Kollaps der Sowjetunion fürchtete das stalinistische Regime unter Kim Il-sung um sein wirtschaftliches und politisches Überleben. Nur der Tod des Staatsgründers 1993 verhinderte in letzter Minute das erste Treffen eines US–Präsidenten mit einem nordkoreanischen Machthaber. Nichtsdestotrotz trieb der Demokrat Bill Clinton seinen Annäherungskurs fort.
1994 schlossen die USA und Nordkorea, nun unter der Führung von Thronfolger Kim Jong-il, das bisher wohl tragfähigste Abkommen: Das Regime sollte im Gegenzug für USHilfslieferungen und die Entwicklung friedlicher Reaktoren die Produktion waffenfähigen Plutoniums stoppen. Verstärkt wurde diese Aufbruchsstimmung in Südkorea durch die Wahl Kim Dae-jungs zum Präsidenten. Mit seiner Sonnenscheinpolitik gewann der Überläufer einen Friedensnobel- preis: Er fädelte ein Gipfeltreffen mit Diktator Kim Jong-il in Pjöngjang ein.
Als „historisch“galten Kims Worte damals. „Es wird keinen Krieg mehr geben“, sagte er. Der Norden werde keine gewaltvolle Wiedervereinigung mehr anstreben. Auch der Süden werde dem Nachbarn keinen Schaden zufügen. Aufnahmen zeigen ihn in Hand in Hand mit seinem Konterpart Kim, die Arme zu einer Siegerpose hochgeworfen – so wie sich am Freitag, 18 Jahre später, deren Nachfolger vor der Kamera präsentierten. Auch Bill Clinton wollte kurz vor Ende seiner Amtszeit noch einmal auftrumpfen. Er schickte US-Außenministerin Madeleine Albright 2000 zum bisher höchsten US-Besuch in den isolierten Staat. Sie sollte einen Ausbau des Abkommens von 1994 verhandeln.
Die Euphorie währte nur kurz. 2002 kündigte Clintons Nachfolger, George W. Bush, den Deal mit dem „Schurkenstaat“auf: Nordkorea hatte sich mit pakistanischer Hilfe das Wissen zur Urananreicherung, einem zweiten Weg zur Atombombe, verschafft. Die USA verhandelten nicht mit dem Bösen, hieß es. Doch Berichten zufolge hatte die Clinton-Administration den Vertragsbruch sogar akzeptiert, um ein Druckmittel für die Verhandlungen zu haben.
Pjöngjang reagierte brüsk auf Bushs harte Politik: Es stieg 2002 aus dem Atomwaffensperrvertrag aus. 2006 testete es seine erste Atombombe. Südkorea setzte seine Sonnenscheinpolitik dennoch fort: Beim zweiten koreanischen Gipfel unterzeichneten Präsident Roh Moo-hyun und Kim Jongil 2007 eine Friedensdeklaration. Auch sie sollte sich schon bald als leere Hülle erweisen. Während Pjöngjang bei den Sechs-Parteien-Gesprächen mit Moskau, Peking, Washington, Seoul und Tokio am Verhandlungstisch saß, bastelte es weiter an seinem Atom- und Raketenprogramm.
2009 brach das Regime auch die letzten offiziellen Gesprächskanäle ab. Seitdem testete es fünf weitere Atombomben. Kein Wunder, dass Diktator Kim Jong-un nun zu einem weiteren „historischen“Gipfel bereit ist: Seit Waffenarsenal ist mittlerweile prall gefüllt.
Es wird keinen Krieg mehr geben und der Norden keine Vereinigung mehr anstreben. Kim Dae-jung Friedensnobelpreisträger