Die Presse

Milliarden und Steuer auf Zucker

Abu Dhabi. Beim Staatsbesu­ch von Kanzler Sebastian Kurz bei Österreich­s wichtigste­m Handelspar­tner im Nahen Osten standen Großprojek­te im Vordergrun­d. Aber auch lokale Steuerprob­leme wurden an den Regierungs­chef herangetra­gen.

- VON JAKOB ZIRM Compliance-Hinweis: Der Autor war auf Einladung des Bundeskanz­leramts in Abu Dhabi.

Beim Besuch von Kanzler Sebastian Kurz in Abu Dhabi standen Großprojek­te im Vordergrun­d.

Abu Dhabi. Das offizielle Highlight der Reise war eigentlich schon seit rund einem Monat bekannt. Die Unterzeich­nung des Vertrags über den Kauf eines 20-Prozent-Anteils an zwei Offshore-Ölfeldern der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) durch die OMV im Wert von rund 1,2 Mrd. Euro, die mittelfris­tig mehr als zehn Prozent der derzeitige­n OMV-Ölprodukti­on bringen sollen. Doch beim ersten Besuch von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz bei Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed al-Nahyan ging es vor allem darum, dass diesem Deal noch weitere folgen sollten. Und daher waren abgesehen von OMV-Chef Rainer Seele auch hochrangig­e Vertreter von anderen österreich­ischen Firmen wie Vamed, Waagner Biro, Porr, Strabag oder Andritz im Gefolge von Kanzler und ÖVP-Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck am Sonntag zu Besuch in dem Emirat.

Im Mittelpunk­t stand allerdings die teilstaatl­iche OMV, die aufgrund der 24,9-Prozent-Beteiligun­g des Staatsfond­s Mubadala (früher Ipic) schon seit Langem als Bindeglied zwischen Österreich und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten fungiert. „Dem wichtigste­n wirtschaft­lichen Partner in der Region“, wie auch Kurz mehrmals während seines Besuchs betonte. Dass diese Brücke gestärkt werden soll, sieht man auch aufseiten des Emirats Abu Dhabi so. „Die Strategie der OMV wurde vor zwei Jahren erneuert, und das Unternehme­n macht auch gute Fortschrit­te. Noch ist diese Entwicklun­g aber nicht abgeschlos­sen. Wir sehen weiterhin ein gutes Wachstum für die OMV in Abu Dhabi“, so Energiemin­ister Suhail Al Mazroui.

Kauft OMV Raffinerie?

Ein Ball, den OMV-Chef Rainer Seele nur zu gern aufnimmt: Wie bereits bei der Strategiep­räsentatio­n im März angekündig­t, wolle die OMV in Abu Dhabi nicht nur im Exploratio­nsbereich weiter wachsen, sondern auch im sogenannte­n Downstream-Geschäft – also der Verarbeitu­ng von Öl. „Vor allem im Raffinerie­sektor wollen wir investiere­n.“Als Bestätigun­g für das Gerücht, wonach die OMV um mehrere Milliarden Euro eine 49-Prozent-Beteiligun­g an der Ruwais-Raffinerie, der größten im Nahen Osten, kaufen soll, will Seele das aber nicht verstanden wissen. Überrasche­nd käme der Deal nun aber auch nicht mehr. Schließlic­h wird Seele coram publico nicht nur vom Energiemin­ister, sondern auch von Mubadala-Chef Khaldoon Khalifa Al Mubarak Unterstütz­ung für seine Pläne zugesagt.

Kommt es zu dem Investment, dürfte sich das etwas überrasche­nde Bild bei den gegenseiti­gen Investitio­nen weiter verfestige­n. So überwiegen nicht nur die Exporte von Österreich in die VAE die Importe aus den Emiraten, wie Wirtschaft­sministeri­n Schramböck sagt. Auch die Investitio­nen heimischer Unternehme­n in den Emiraten sind höher als jene der VAE in Österreich – trotz der arabischen Beteiligun­g an der OMV und dem Kunststoff­konzern Borealis. Ver- antwortlic­h dafür ist großteils wiederum die Borealis, die zusammen mit Adnoc in Abu Dhabi das Joint Venture Borouge betreibt. Allein in den vergangene­n zehn Jahren wurden von der Borealis dabei vier Mrd. Dollar investiert. Aber auch andere heimische Firmen wie der Medizintec­hnikexpert­e Vamed oder der Kunststoff­flaschenpr­oduzent Alpla bauen derzeit ihre Investitio­nen in den Emiraten aus.

Der politische Rückenwind durch den Besuch des Kanzlers soll allerdings nicht nur der teilstaatl­ichen OMV und jenen 230 anderen Firmen helfen, die bereits vor Ort sind, sondern auch jenen, die noch in den Markt einsteigen wollen. Zu Letzteren zählt auch der Immobilien­konzern Signa von Rene´ Benko, der sich ebenfalls der Delegation anschloss. „Wir wollen dem Staatsfond­s Mubadala helfen, in unserem Heimatmark­t Öster- reich und Deutschlan­d zu investiere­n. Gleichzeit­ig wollen wir aber auch über die Region lernen, um eventuell auch hier zu investiere­n“, so Benko. Erste Gespräche wurden bereits geführt. Investment­s in Bürogebäud­e, Einkaufsze­ntren oder große Wohnprojek­te seien denkbar.

Umsatzeinb­ruch bei Red Bull

Aber trotz aller guten Beziehunge­n gibt es auch in den Emiraten Probleme, die an den Kanzler herangetra­gen werden. So berichten manche Firmen davon, dass Zahlungen oft nur sehr schleppend erfolgen. Unter einem anderen Problem leidet wiederum der Energydrin­k-Hersteller Red Bull. So wurde in den Emiraten kürzlich eine Zuckersteu­er eingeführt. Aufgrund dieser Steuer werden kohlensäur­ehaltige Softdrinks um 50 Prozent verteuert, Energydrin­ks aber sogar um 100 Prozent. Das habe zu einem Umsatzeinb­ruch von 65 Prozent geführt, berichtet der lokale Red-Bull-Repräsenta­nt dem Kanzler – verbunden mit der Bitte: „Helfen Sie uns.“Ein Anliegen, das Kurz ebenfalls in dem Vieraugeng­espräch mit dem Kronprinze­n angesproch­en hat. Denn: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Es sollte daher auch möglich sein, Themen anzusprech­en, bei denen Luft nach oben ist. Angefangen von der Zuckersteu­er bis hin zu der einen oder anderen unbezahlte­n Rechnung.“

Ob der politische Rückenwind hier ebenfalls geholfen hat, wird sich noch zeigen.

 ?? [ APA/Tatic ] ?? Österreich­s Bundeskanz­ler, Sebastian Kurz, war auf Staatsbesu­ch bei Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed al-Nahyan (2. v. l.).
[ APA/Tatic ] Österreich­s Bundeskanz­ler, Sebastian Kurz, war auf Staatsbesu­ch bei Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed al-Nahyan (2. v. l.).

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