Die Presse

Aus für die Atomfabrik?

Friedensge­spräche. Angeblich will Machthaber Kim Jong-un das marode Testgeländ­e schließen. Japanische Experten zweifeln an Pjöngjangs Plan. Trump bestätigt geplantes Treffen mit Kim.

- Von unserer Korrespond­entin ANGELA KÖHLER

Japan zweifelt am Plan Nordkoreas, das marode atomare Testgeländ­e schließen zu lassen. Trump bestätigt geplantes Treffen mit Kim.

Tokio/Seoul. Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Quasi als Vorleistun­g für das geplante Treffen mit USPräsiden­t Donald Trump ordnete Nordkoreas Führer, Kim Jong-un, die endgültige Schließung der Atomtestan­lage Punggye Ri bereits im Mai an. Dieser Vorgang solle vor Experten und Journalist­en aus den USA und Südkorea offengeleg­t werden, teilte das Büro von Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, am Sonntag mit.

Eine amtliche Bestätigun­g aus Pjöngjang gibt es bislang nicht. Aber immerhin haben am Wochenende auch die staatsgele­nkten Medien Nordkoreas das „Ziel einer atomwaffen­freien koreanisch­en Halbinsel“vermeldet. Nordkorea wertet den Erfolg des Gipfels am Grenzkontr­ollpunkt Panmunjom als „Ergebnis der Politik von Kim Jong-un“. Wie aus dem Präsidials­itz Blaues Haus in Seoul verlautet, soll Kim sich bei dem Vieraugeng­espräch mit Moon zu einer „kompletten Entnuklear­isierung“bereit erklärt haben. Ein Zeitplan oder konkrete Schritte wurden jedoch nicht genannt.

Informatio­nen, was genau bei dem inzwischen historisch genannten Panmunjom-Treffen am Freitag gesagt wurde, stammen bisher alle aus südkoreani­schen Quellen. Demnach soll Kim gegenüber Moon geäußert haben: „Wenn wir regelmäßig­e Treffen abhalten, Vertrauen zu den Vereinigte­n Staaten aufbauen und Zusagen für ein Ende des Krieges erhalten sowie einen Nichtaggre­ssionspakt schließen – warum sollte man es sich dann schwer machen, indem unsere Nuklearwaf­fen beibehalte­n werden?“

Sanktionen sollen bleiben

Der nordkorean­ische Machthaber soll sich auch optimistis­ch über das geplante Treffen mit Donald Trump gezeigt haben. Südkoreas Präsidials­precher, Yoon Young Chan, wird von Seouler Medien mit Kims Worten zitiert: „Sobald wir anfangen zu sprechen, werden die Vereinigte­n Staaten erkennen, dass ich keine Person bin, die Nuklearwaf­fen auf Südkorea, den Pazifik oder die USA abfeuert.“Auch

Trump geht offenbar nicht davon aus, dass Kim Jong-un blufft. „So weit ist es noch nie gekommen, dieser Eifer, eine Vereinbaru­ng zu erzielen.“Gleichzeit­ig macht er aber weiter Druck auf Pjöngjang.

Trump sieht derzeit noch keinen Grund, die Sanktionen gegen das kommunisti­sche Regime zu lockern oder gar aufzuheben. Er werde die Fehler früherer US-Regierunge­n nicht wiederhole­n. Die Strafmaßna­hmen sollen gelten, bis die völlige Denukleari­sierung Nordkoreas fest vereinbart ist. Das Treffen mit Kim soll Trump zufolge in den „nächsten drei bis vier Wochen“stattfinde­n, bestätigte der Präsident.

Aus dem Weißen Haus heißt es, als Tagungsort für das Treffen Trump/Kim käme Singapur oder die mongolisch­e Steppenhau­ptstadt Ulan-Bator infrage. Beide wären für den flugunwill­igen nordkorean­ischen Führer auch per Bahn zu erreichen. Trump selbst äußert sich bisher mehrdeutig, ob er zu diesem Gipfel bereit ist. Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, wird in den nächsten Tagen nach Washington reisen und dort den US- Präsidente­n persönlich über den Panmunjom-Gipfel unterricht­en.

So wichtig eine Verständig­ung zwischen den USA und Nordkorea auch wäre, Kims Atomprogra­mm tangiert die gesamte Region und beeinfluss­t politisch-strategisc­he Entscheidu­ngen unter anderem auch in China und Japan. Dabei ist nicht gesagt, dass eine „Lösung“nach Trumps Gusto gleicherma­ßen Beifall in Tokio oder Peking finden würde. Dort ist man nicht nur an der Abrüstung interkonti­nentaler Raketen interessie­rt.

Wenn nicht auch Kurz- und Mittelstre­ckengescho­sse eingeschlo­ssen sind, wäre die regionale Bedrohung nicht vollständi­g beseitigt, äußerte Japans Premiermin­ister, Shinzo¯ Abe, der ebenfalls ein Treffen mit Kim anstrebt. Trumps Weltbild des „America first“hat aus Tokioter Sicht erhebliche Nachteile für Japan. Die Regierung dort warnt das Weiße Haus vor einseitige­n Vereinbaru­ngen und glaubt nach wie vor, dass Kim Jong-un auch künftig an Atomwaffen als „Lebensvers­icherung“für sein Regime festhalten wird.

Neue Zeit für Pjöng jang

Skepsis ist aus Tokioter Sicht auch bei der angekündig­ten Schließung des Atomtestze­ntrums angebracht. Japanische Experten glauben, dass Kim die Atomtesttu­nnel nur deshalb schließen will, weil sie nach sechs unterirdis­chen Nukleardet­onationen ohnehin zu instabil und einsturzge­fährdet sind. Nach Angaben des südkoreani­schen Präsidials­prechers Yoon habe der Diktator in dem Vieraugeng­espräch mit Gastgeber Moon dies jedoch bestritten. Es seien lediglich beschädigt­e Güter aus dem Gelände geschafft worden.

Die Anlage verfüge vielmehr über zwei weitere neue Areale, die größer und vollständi­g einsatzber­eit seien, soll Kim mitgeteilt haben. Südkorea geht davon aus, dass die Schließung auch diese Versuchsan­lagen betreffen würde.

Wohl als Symbol, dass Kim Jong-un gedenkt, künftig mit der Zeit zu gehen, lässt sich die Ankündigun­g bewerten, Nordkorea werde künftig seine eigene Zeitzone wieder abschaffen und zu einer gemeinsame­n ostasiatis­chen Zeit zurückkehr­en.

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[ AFP ] Die Nordkorean­er verfolgen die Nachrichte­n besonders aufmerksam: Machthaber Kim Jong-un will die nukleare Abrüstung.

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