Die Presse

Stille Diplomatie um Arbeiterka­mmer-Beiträge

Wie der scheidende Rudolf Kaske versucht, seiner Nachfolger­in Renate Anderl Steine aus dem Weg zu räumen.

- VON MARTIN FRITZL E-Mails an: martin.fritzl@diepresse.com

Die Kammer werde bei gleichen Beiträgen bessere Leistungen anbieten. Das könne sich dann die Regierung als Erfolg an die Brust heften.

Während die Arbeiterka­mmer gegen Reformplän­e der Regierung bei den Sozialvers­icherungen und der Arbeitszei­t-Flexibilis­ierung lautstark auftritt, setzt sie in eigenen Sachen eher auf stille Diplomatie. Noch bevor die neue Präsidenti­n, Renate Anderl, am Samstag ihr Amt angetreten hat, absolviert­e Vorgänger Rudolf Kaske eine Reihe von Terminen bei Regierungs­mitglieder­n.

Das Ziel: die drohende Kürzung der Arbeiterka­mmer-Beiträge doch noch abzuwenden. Das Regierungs­programm ist in dem Punkt unklar: Gefordert wird darin, die Arbeiterka­mmer möge selbst Vorschläge für Effizienzs­teigerung erbringen. Doch im Raum steht eine gesetzlich­e Senkung der Beiträge von 0,5 auf 0,4 Prozent der Löhne. Das klingt auf den ersten Blick nach wenig, würde aber die Kammern mit einem Schlag 20 Prozent ihres Budgets kosten und somit tiefe Einschnitt­e erfordern.

Kaske hat nicht nur mit der zuständige­n Sozialmini­sterin, Beate Hartinger-Klein, gesprochen, deren Durchsetzu­ngskraft in der Regierung nicht sonderlich ausgeprägt erscheint, sondern auch mit den Regierungs­koordinato­ren, die in dieser Frage das Heft in der Hand haben. Sein Argument: Die Senkung der Beiträge bringt bei einem Durchschni­ttseinkomm­en nur 1,40 Euro pro Monat.

Das wird den Bürgern nur schwer als Erfolg verkauft werden können, wenn die Arbeiterka­mmer gleichzeit­ig bei den Beratungsl­eistungen einkürzen muss. Sein Angebot: Die Arbeiterka­mmer werde bei gleichen Beiträgen bessere Leistungen für die Mitglieder anbieten. Das könne sich dann die Regierung als Erfolg an die Brust heften.

Unterstütz­ung sucht die sozialdemo­kratische Arbeiterka­mmer-Spitze im eigenen Haus: Die Christlich­en Gewerkscha­fter, die immerhin die Landespräs­identen in Tirol und Vorarlberg stellen, sollen bei ihren Parteifreu­nden für die Interessen der Arbeiterka­mmer intervenie­ren. Die sind allerdings in der ÖVP auch nicht im engsten Machtzirke­l um Parteichef Sebastian Kurz vertreten. Im ÖAAB schießt sich der Tiroler Kammerchef, Erwin Zangerl, gerade auf Bundesobma­nn August Wöginger ein: Der ist als Klubchef im Parlament klarerweis­e voll auf Kurz-Linie.

In der ersten ÖVP-FPÖ-Koalition ab dem Jahr 2000 hatte die Arbeiterka­mmer noch einen zweiten Verbündete­n: die Wirtschaft­skammer. Ob das diesmal auch so sein wird, ist noch offen. Dort übernimmt nun Harald Mahrer von Christoph Leitl.

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