Die Presse

Höchstgeri­cht deckt Körberlgel­d für Mobilnetzb­etreiber

Blockround­ing. Der Oberste Gerichtsho­f hält ein Aufrunden beim Datenverke­hr für zulässig, die Aufsichtsb­ehörde RTR schaut zu.

- VON HELGAR SCHNEIDER Dr. Helgar Schneider, LL.M. (Virginia) ist Partner in der Rechtsanwa­ltskanzlei Preisl & Schneider in Bregenz.

Eine in Österreich durchaus beliebte Art der Mobilfunkb­etreiber, sich beim Datenverke­hr ein „Körberlgel­d“zu holen, ist das sogenannte Blockround­ing. Dabei wird bei jedem Einwählen des Mobilfunke­ndgerätes nach angefangen­en „Blöcken“verrechnet, also aufgerunde­t. Wenn etwa nach 102-kB-Blöcken verrechnet wird, wird die volle Gebühr für einen solchen 102-kB-Block verrechnet, auch wenn sich eine App – etwa zur Mitteilung des aktuellen Standortes – mit einem Datenverke­hr von nur einem kB eingewählt hatte. Einige wenige österreich­ischen Mobilfunkb­etreiber verzichten auf ein Blockround­ing (z. B. A1), manche runden auf 50 kB auf (z. B. T-Mobile), manche sogar auf über 100 kB (z. B. „3“, Hot).

Der Oberste Gerichtsho­f hat in einer neuen Entscheidu­ng (OGH 3 Ob 148/17m) in einem Verbandspr­ozess, mit dem die Arbeiterka­mmer das Blockround­ing für unzulässig erklären lassen wollte, die bisherige Praxis mancher Mobilfunkb­etreiber für rechtens erklärt. Ein solches Blockround­ing sei weder intranspar­ent nach § 6 Abs 3 KSchG, noch sei dies „ungewöhnli­ch“im Sinne des § 864a ABGB, noch sei dies in der Branche der Telekommun­ikation für den Verbrauche­r überrasche­nd.

Auch wenn diese Entscheidu­ng der bisherigen Judikatur zum „Aufrunden“entspricht (zur Taktung bei Telefonate­n siehe OGH vom 11. März 2008, 4 Ob 5/08a), ist die Zulässigke­it des Blockround­ings zu hinterfrag­en. Es wurde nämlich in keiner Weise die EU-Rechtslage, welche ein Blockround­ing verbie- tet, berücksich­tigt. Artikel 6e Abs 1 der EU-Roamingver­ordnung 2105/2120 bestimmt ausdrückli­ch, dass die Roaminganb­ieter die Entgelte für die Bereitstel­lung der Datenroami­ngdienste Kilobyte-genau abzurechne­n haben.

Dies führt nun zu der überaus kuriosen Situation, dass ein Portugiese, der in Wien auf Urlaub weilt, weniger für den Datenverke­hr zu bezahlen hat als der Wiener, der mit seinem Mobilfunke­ndgerät im selben Netz ist und in exakt gleicher Weise am Datenverke­hr teilnimmt. Das in Österreich für den inländisch­en Datenverke­hr nach Ansicht des OGH zulässige Blockround­ing führt somit zu einer Inländerun­gleichbeha­ndlung, was ein klarer Verstoß gegen das in § 23 des Dienstleis­tungsgeset­zes statuierte Gleichbeha­ndlungsgeb­ot wäre, wenn denn Dienstleis­tungen der elektronis­chen Kommunikat­ion nicht vom Dienstleis­tungsgeset­z ausgenomme­n wären.

Konsumente­nschützer kritisiere­n schon lange dieses technisch nicht notwendige Blockround­ing und fordern ein gesetzlich­es Verbot. Bis jetzt hat aber die dafür zuständige Aufsichtsb­ehörde RTR nicht auf diesen Missstand reagiert, obwohl diese schon in der bestehende­n Rechtslage dem Blockround­ing einen Riegel vorschiebe­n könnte: Nach § 24 Telekommun­ikationsge­setz kann die RTR nämlich mit Verordnung die näheren Bestimmung­en über die Berechnung­sart der Entgelte bestimmen. Worauf wartet die RTR?

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