Kein Schmerzengeld nach der Pille
Nebenwirkung. Eine Frau, die durch die Antibabypille einen Schlaganfall erlitt, hat kein Recht auf Schadenersatz. Der Beipackzettel habe die Gefahr ausreichend erklärt.
Weil sie eine Antibabypille nahm, erlitt eine Frau einen Schlaganfall und eine Sinusthrombose. Bei Letzterer entstehen Blutgerinnsel in den großen venösen Zusammenflüssen des Gehirns in der harten Hirnhaut. Aber hat die Frau ein Recht auf Schadenersatz? Diese Frage musste in einem aktuellen Fall vom Höchstgericht beantwortet werden.
Die Frau forderte 65.000 Euro Schmerzengeld vom Hersteller des Medikaments plus Schadenersatz für alle möglicherweise noch in Zukunft entstehenden Schäden. Denn sie sei nicht ausreichend vor dem Thromboserisiko durch die Pille gewarnt worden, erklärte die Frau. Der Medikamentenhersteller wandte hingegen ein, auf dem Beipackzettel ausreichend über die Gefahren informiert zu haben.
Die beiden ersten Instanzen, davon zuletzt das Oberlandesgericht Wien, gaben dem Hersteller recht. Die Frau zog aber noch vor den Obersten Gerichtshof (OGH).
Und dieser betonte ganz grundsätzlich: „Ihrem Inhalt nach müssen Warnhinweise klar und allgemein verständlich formuliert sein. Das spezielle Risiko ist in seiner ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll zu schildern.“
Und zu leicht dürfe es sich der Hersteller bei Beipackzetteln nicht machen. „Kann die Verwendung des Produkts mit erheblichen Gefahren für die Gesundheit von Menschen verbunden sein, so dürfen Warnhinweise nicht im sonstigen Text ,versteckt‘ werden“, erklärte der OGH. „Die Hinweise müssen eine Art der drohenden Gefahr deutlich herausstellen und Funktionszusammenhänge klarmachen, sodass erkennbar wird, warum das Produkt gefährlich ist.“
Aber wurden diese Auflagen hier erfüllt? Ja, meinte der OGH mit Blick auf die Feststellungen der Vorinstanzen. Im Beipackzettel seien risikoerhöhende Faktoren und Zahlenmaterialien zum Eintritt des Risikos – bezogen auf 10.000 Frauen pro Jahr mit und ohne Einnahme des Präparats – geschildert gewesen. Das „ermöglicht auch aus Sicht eines medizinischen Laien dessen realistische Abschätzung“, meinte der OGH.
Die Frau machte zwar noch geltend, dass Warnungen vor Gesundheitsschäden bei Zigarettenpackungen viel deutlicher und sogar mit schockierenden Bildern angegeben sind. Dieser Einwand beeindruckte den OGH (10 Ob 8/18a) aber auch nicht. Denn für Tabakerzeugnisse seien derartige Warnungen explizit gesetzlich vorgeschrieben. Die Frau erhält somit kein Schmerzengeld.