Öllinger muss Posting rascher löschen
Facebook. Substanziierte Hinweise auf illegale Inhalte verpflichten Betreiber von Facebook-Seiten, zu handeln, ohne eine konkrete Aufforderung des Betroffenen abzuwarten.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) bekräftigt die Pflicht der Betreiber von Facebook-Seiten, rechtswidrige Kommentare Dritter nach entsprechenden Hinweisen zügig zu entfernen. Anlassfall waren im Facebook-Portal des grünen Ex-Abgeordneten Karl Öllinger verbreitete Kommentare politischer Sympathisanten, nachdem Öllinger zuvor einen Zeitungsartikel über einen Wiener Arzt geteilt und selbst kommentiert hatte. Dem Arzt soll wegen verspottender Behauptungen über einen Krebskranken die Ausübung seines Berufs untersagt worden sein.
Die Ausführungen des OGH haben schon aufgrund der Vielzahl von Facebook-Nutzern in Österreich weitreichende Bedeutung: Laut Statistik hatten im Jahr 2017 von mehr als acht Millionen Österreichern 3,7 Millionen einen aktiven Facebook-Account. Es ist zwar kein Geheimnis, aber immer noch unter der notwendigen Wahrnehmungsgrenze der Betroffenen, dass der Inhaber einer Facebook-Seite durch die aktive inhaltliche Gestaltung seines Portals als Medieninhaber im Sinn des Mediengesetzes gilt und ihn daher alle an diese Eigenschaft anknüpfenden gesetzlichen Verpflichtungen treffen.
Dazu zählt unter anderem die Gefahr, zu einer Entschädigung verurteilt zu werden, wenn im betriebenen Medium etwa der objektive Tatbestand der üblen Nachrede oder der Beschimpfung hergestellt oder die Unschuldsvermutung verletzt wird. Die Höhe der Entschädigung (bis zu 50.000 Euro in besonders schweren Fällen übler Nachrede) ist nach Maßgabe des Umfangs und der Auswirkungen der Veröffentlichung festzusetzen. Hinzu kommt die Pflicht, die Verurteilung mittels Urteilsveröffentlichung auf der eigenen FacebookSeite bekannt zu machen.
Ist dem Inhaber der FacebookSeite eine Haftung für eigene Einträge auf seiner Seite noch bekannt, fehlt es oft am Bewusstsein dafür, dass auch die Einträge anderer Nutzer, etwa in Form von Kommentaren, auf der eigenen Seite zur Haftung des Inhabers führen können. Dies wiegt umso schwerer, als in den vergangenen Jahren ein massiver Anstieg der Zahl rechtswidriger, teilweise sogar gerichtlich strafbarer Beiträge, die offenbar im Schutz vermeintlicher Anonymität des Internets unbedacht abgesetzt werden, zu beobachten ist.
Ein Entschädigungsanspruch bei Eintragungen auf einer Website besteht dann nicht, wenn der Medieninhaber die gebotene Sorgfalt eingehalten hat (§ 6 Abs 2 Z 3a Mediengesetz). In der Praxis wird der „gebotenen Sorgfalt“dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass zumindest bei Kenntnis einer rechtswidrigen Äußerung diese unverzüglich entfernt wird. Weiß der Inhaber der Facebook-Seite beispielsweise von einer offenkundig beleidigenden Äußerung (wie „Idi- ot“, „Trottel“) eines Dritten auf seiner Seite, hat er unverzüglich die Löschung vorzunehmen.
Ist die Rechtswidrigkeit nicht ohne Weiteres zu erkennen – so wohl bei Fällen übler Nachrede, die auf Tatsachen beruhen könnten („Herr X ist ein Verbrecher“) –, räumt die Judikatur dem Medieninhaber eine Frist von wenigen Tagen ein, juristischen Rat einzuholen. Ist anzunehmen, dass durch einen eigenen (kritischen) Beitrag Beschimpfungen eines Dritten durch andere Nutzer zu erwarten sind, verlangt der OGH zudem eine „stichprobenartige Überprüfung“der eigenen Seite auf allenfalls strafbare Äußerungen Dritter. Der Gefahr verspäteter Reaktion begegnen professionelle Forenbetreiber damit, dass sie bei pikanten Berichten die Möglichkeit des Postens ausschließen (zuletzt anlässlich des Outings der Künstlerin Conchita Wurst zu sehen).
Nunmehr stellte der OGH klar, dass bereits substanziell geäußerte Hinweise eines Dritten (z. B. in einem weiteren Kommentar) auf rechtswidrige Inhalte auf einer FacebookSeite den Inhaber der Seite dazu verpflichten, tätig zu werden. Einer konkreten Darlegung der Rechtswidrigkeit durch den Betroffenen (oder dessen Rechtsvertreter), wie es zuletzt noch das Oberlandesgericht Wien für erforderlich hielt, bedarf es nicht mehr. Erhält also der Facebook-Seiteninhaber einen substanziierten Hinweis eines Dritten auf einen rechtswidrigen Eintrag und löscht er diesen nicht innerhalb angemessener Zeit, kann der Betroffene eine Entschädigung für die erlittene Kränkung von ihm verlangen.