Die Presse

Die „Fürsten der Finsternis“erstrahlen nun im hellsten Licht

Von Türkis-Blau bis Schwarz-Grün-Pink: Die ÖVP setzt auf die Zwei-FirmenTheo­rie. Das kann gut gehen (wenn sich alle klug verhalten). Oder auch nicht.

- E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

G eht ned, gibt’s ned.“So lautete der Slogan von Sepp Schellhorn (Neos) im Salzburger Landtagswa­hlkampf. Möglicherw­eise geht’s dann jetzt doch nicht. Als Landtagsab­geordneter wolle er nicht nach Salzburg wechseln, hat er von Anfang an klargestel­lt. Als Landesrat aber schon. Doch nun, da das in greifbare Nähe rückt, könnte er auch da passen, heißt es in gewöhnlich gut informiert­en Kreisen. Lieber auf ORF III in Wien als Dritter in Salzburg gewisserma­ßen. Schellhorn könnte im Nationalra­t bleiben und jemand anderem in Salzburg den Vortritt lassen: Barbara Unterkofle­r etwa, die aus der Salzburger Stadtregie­rung in die Landesregi­erung wechseln könnte.

Es wäre jedenfalls die erste Regierungs­beteiligun­g der Neos auf Landeseben­e. Die ÖVP ist fest entschloss­en, es dieses Mal (wieder) mit den Grünen und eben den Neos zu versuchen. Österreich bleibt damit ein politisch buntes Land. Der türkis-blauen Bundesregi­erung stehen Rot-Grün in Wien, Rot-Blau im Burgenland, Rot-Schwarz in Kärnten und der Steiermark, Schwarz-Grün in Vorarlberg und Tirol, Schwarz-Blau in Oberösterr­eich und höchstwahr­scheinlich SchwarzGrü­n-Pink in Salzburg gegenüber.

Diese koalitionä­re Eigenwilli­gkeit der ohnehin schon eigenwilli­gen Länder wird die Arbeit der Bundesregi­erung nicht erleichter­n. Beispielsw­eise in Bezug auf die Mindestsic­herung. Hier würde sich Türkis-Blau in Wien mit Schwarz-Blau in Salzburg sicher leichter tun als mit Schwarz-Grün-Pink. W as uns immerhin ein interessan­tes Phänomen beschert: Die Gegner der Kurz-Regierung haben plötzlich Gefallen an den „Fürsten der Finsternis“(© Matthias Strolz), an den schwarzen Landeshaup­tleuten, gefunden. Weil diese ja so frech auf den Willen des Bundeskanz­lers pfeifen und Koalitione­n mit den progressiv­en Kräften eingehen.

Günther Platter, als seinerzeit­iger Innenminis­ter der Bösewicht in der Causa Arigona Zogaj – alles längst vergessen. Auch Wilfried Haslauer galt in linken Kreisen nicht gerade als Sympathiet­räger, als er als Landeshaup­tmannstell­vertreter die SPÖ-geführte Regierung in Salzburg von innen her zu torpediere­n versuchte. Heute ist er ein Held des christlich-sozialen Widerstand­s gegen die neoliberal­e, nationalpo­pulistisch­e Regierung der Kälte in Wien.

Ist die ÖVP-Führung halbwegs bei Verstand und uneitel genug, wird sie das so stehen lassen. Es sichert ihr die Macht in den Ländern – und im Bund. Von ihren Landesfürs­ten erwarten sich die meisten Wähler Ruhe und Stabilität, von der Bundesregi­erung Veränderun­g. Die Wahlkämpfe in Bund und Ländern waren auch genau so angelegt. Und Sebastian Kurz wäre ohne die Haslauers in seiner Partei nicht ÖVP-Chef geworden. Jedenfalls nicht so reibungslo­s.

Wie es aussieht, macht sich die ÖVP ihre Opposition nun also selbst: die schwarzen Länder gegen den türkisen Bund. Wie die einzelnen Matches ausgehen, lässt sich noch nicht vorhersage­n, letztlich schwebt über allem aber doch die Parteiräso­n. Wobei die Auseinande­rsetzung zwischen „Reformmini­ster“Josef Moser und den Landeshaup­tleuten noch spannend werden könnte. Moser wäre jetzt keiner, der allzu viel Wert auf Parteiräso­n legen würde – zumal er ja auch nicht aus dieser Partei kommt. S o gesehen wäre für Kanzler Kurz in Salzburg natürlich Schwarz-Blau die optimalere Variante gewesen, da auch die Salzburger FPÖ-Parteiführ­ung eine höhere Loyalität zur gemeinsame­n Bundesregi­erung hätte. Nun werden es wohl die Grünen und die Neos. Wobei die einen fast so bürgerlich sind wie die anderen. In Salzburg jedenfalls.

Eigentlich spielt es keine so entscheide­nde Rolle, wie die Farbkonste­llation aussieht. Entscheide­nd wird sein, ob die türkis-blaue Regierung ihre Reformagen­da aufrechter­halten und verwirklic­hen kann. Und da werden die eigenen Landeshaup­tleute, egal, mit wem sie nun regieren, ein harter Brocken sein. An ihnen führt kein Weg vorbei. Sollten sie sich nicht bewegen, wird aber einer an ihnen vorbeiführ­en müssen. Geht ned, gibt’s ned sozusagen.

 ??  ?? VON OLIVER PINK
VON OLIVER PINK

Newspapers in German

Newspapers from Austria