Wenn die Ticketsteuer fällt
Luftfahrt. Einer PwC-Studie zufolge hätte die komplette Abschaffung der Abgabe ab 2030 einen positiven Effekt von 320 Mio. Euro für das BIP.
Rund 60 Mio. Euro bringt die Ticketsteuer, wie die Flugabgabe auch genannt wird, heuer dem österreichischen Staat, nachdem sie per 1. Jänner halbiert worden ist. Was für das Budget – und dessen Defizit – eine Bagatelle bedeutet, belastet Luftfahrt und Touristik in mehrfacher Hinsicht. Weshalb sich AUA, Flughafen Wien und Wien Tourismus, die seit Jahren gegen die Abgabe kämpfen, einmal mehr für deren komplette Abschaffung starkmachen. „Wir haben Jahre gekämpft und lassen nicht locker“, sagte Flughafen-Vorstand Julian Jäger am Donnerstag. „Ich hoffe daher, dass die Abschaffung unter der neuen Regierung in dieser Legislaturperiode gelingt.“
Das schlagkräftigste Argument: Die Abschaffung bringe dem Staat infolge von zusätzlichem Verkehr und damit verbundenen Ausgaben der Reisenden sowie Investitionen mehr als der Steuerausfall ausmacht. Ein sofortiger Entfall der Ticketsteuer würde die heimische Wirtschaftsleistung ab 2020 um 230 Mio. Euro und ab 2030 jährlich um 320 Mio. Euro erhöhen, errechnete Pricewaterhouse Coopers (PwC) im Auftrag der Brüsseler Interessenvertretung Airlines for Europa (A4E).
Dieser Effekt – dessen Zustandekommen und Größenordnung bei der Vorstellung der Studie allerdings nicht detailliert erklärt wurde – komme vor allem durch ein stärkeres Passagieraufkommen zustande, hieß es. Dieses zöge wiederum Investitionen in Tourismus, Infrastruktur und Verkehr nach sich. So geht PwC schon 2020 von zusätzlich 2,3 Millionen ankommenden Passagieren aus, davon wiederum die Hälfte Touristen. Ab 2030 würden die Tourismusausgaben jährlich um knapp 200 Mio. Euro steigen. Darüber hinaus entständen 1000 zusätzliche Arbeitsplätze.
Aber auch wenn alles beim Alten bliebe – also bei der nun halbierten Abgabe –, würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den nächsten zwei Jahren um 120 und ab 2030 um 182 Mio. Euro steigen.
Die Ticketsteuer wurde 2011 eingeführt und von Anfang an heftig kritisiert, zumal sie nur in wenigen europäischen Staaten – und in unterschiedlicher Höhe – realisiert wurde. Im Vorjahr hat sich die alte SPÖ-ÖVP-Koalition zur Halbierung entschlossen: Seit 1. Jänner beträgt die Abgabe für jeden in Ös-
wurde hierzulande ab Jänner halbiert. Der Staat kassiert somit nur noch rund 60 Mio. Euro. Das ist der AUA und dem Flughafen Wien, aber auch EasyJet, die die Europazentrale in Wien angesiedelt hat, noch immer zu viel. Sie fordern mit Rückendeckung der Interessenvertretung Airlines for Europe eine komplette Abschaffung der Abgabe. Einer PwC-Studie zufolge würde das ab 2030 einen jährlichen Effekt für das heimische BIP von 320 Mio. Euro haben und 1000 neue Arbeitsplätze bringen. terreich abfliegenden Passagier auf Kurzstrecken 3,50 Euro, auf Mittelstrecken 7,50 Euro und der Langstrecke 17,50 Euro. Die AUA hat laut ihrem Chef, Kay Kratky, im Vorjahr 40 Mio. Euro gezahlt.
„Das erscheint auf den ersten Blick niedrig. Aber wenn ein Ticket im Europaverkehr durchschnittlich unter 100 Euro kostet, entscheiden die paar Euro“, argumentierte Flughafen-Vorstand Julian Jäger. „Wenn wir neue Strecken prüfen, bildet die Ticketsteuer einen wichtigen Faktor“, ergänzte Thomas Haagensen, Geschäftsführer von EasyJet Europe. Die britische Billig-Airline hat im Hinblick auf den Brexit entschieden, in Wien die Europazentrale anzusiedeln. Für Wien – generell ein interessantes Ziel – habe die Funktion als Ostdrehscheibe gesprochen.
A4E-Geschäftsführer Thomas Reynaert führt die Benachteiligung europäischer Airlines im internationalen Wettbewerb ins Treffen. Acht Länder kassierten derzeit Ticketsteuer, außer Österreich Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Schweden und Norwegen. In Summe flossen im Vorjahr sechs Mrd. Euro, der größte Brocken davon mit 3,6 Mrd. Euro in Großbritannien.
Verabschiedeten sich alle Länder von der Abgabe, brächte dies dem BIP ab 2030 zusätzliche Einnahmen von 25 Mrd. Euro und 45,3 Millionen zusätzliche Passagiere. Diese wiederum sorgten für 14,5 Mrd. Euro an zusätzlichen Ausgaben. (eid)