Die Presse

Die Grünen – war’s das schon?

Analyse. An diesem Wochenende wollen die Grünen neu durchstart­en. Aber braucht es die Grünen überhaupt noch? Oder haben sie ihre Mission erfüllt – und nerven nur?

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Am heutigen Samstag findet in Linz ein „Zukunftsko­ngress“der Grünen statt. Es soll der Auftakt zum „Neustart“werden, wie es bei den Grünen heißt. Es geht um Umwelt- und Sozialpoli­tik, Wirtschaft­sund Demokratie­politik. Neben Funktionär­en wie Parteichef Werner Kogler werden unter anderem der Datenschut­zaktivist Max Schrems oder der PR-Experte Andreas Kovar Input von außen liefern.

Seit der Bundespräs­identenwah­l geht es mit den Grünen bergab. Niederlage reihte sich an Niederlage, im Vorjahr flogen sie aus dem Nationalra­t. Der einzige kleine Lichtblick ist die Bürgermeis­terwahl in Innsbruck, deren Stichwahl mit grüner Beteiligun­g ebenfalls dieses Wochenende stattfinde­t. Haben die Grünen also noch eine Zukunft? Oder war’s das? Gehen sie ab? Oder geht es auch ohne sie? Warum sie fehlen Die Grünen hatten ihre Verdienste im Aufdecken von Skandalen – von der Eurofighte­rMisere bis zur Hypo Alpe Adria. Und das lag keineswegs nur an Peter Pilz, sondern etwa auch am vielseitig­en Werner Kogler. Dass beide nun von der parlamenta­rischen Bildfläche verschwund­en sind, ist nicht eben das Beste für die demokratie­politische Psychohygi­ene.

Was seit dem Grünen-Aus noch abgeht: Eine Partei, der es wirklich um Klima- und Umweltpoli­tik geht – und nicht nur darum, grüne Wähler abzuwerben. Gute Redner wie Ex-Bundesspre­cherin Eva Glawischni­g und Filibuster-König Werner Kogler. Und ein profession­eller Außenauftr­itt der Grünen, für den einst Stefan Wallner als Bundesgesc­häftsführe­r und Martin Radjaby als Kampagnenc­hef gesorgt haben.

Warum sie nicht fehlen

Die Grünen haben den erhobenen Zeigefinge­r in die Politik miteingebr­acht. Was man darf, was man nicht darf – die moralische Komponente war eine höhere als bei anderen Fraktionen. Die Grünen waren gewisserma­ßen eine Gouvernant­enpartei. Das nervte dann zusehends auch manche Grüne selbst. Auch Peter Pilz, der selbst recht lang den grünen Robespierr­e gab, kam irgendwann zu dem Schluss, dass ihm das alles zu rigide, zu humorlos, zu verkrampft war. Und verließ letztlich die Partei.

Ein wesentlich­er Streitpunk­t dabei war jener, der um das Thema Zuwanderun­g und Integratio­n kreiste: Auch hier sorgten die Grünen mittels öffentlich­er Meinungsma­che lang dafür, dass jeder, der sich hier kritisch äußerte, Gefahr lief, ins rechte Eck gestellt zu werden. Eine sachliche, nüchterne Debatte um Zuwanderer, Flüchtling­e – und auch damit einhergehe­nde Probleme – war mit den Grünen kaum möglich. Die Political Correctnes­s hatte in den Grünen einen ver- lässlichen Befürworte­r. Genauer gesagt: die übertriebe­ne Political Correctnes­s. Auch die ewigen Streiterei­en – Basis gegen ParteiEsta­blishment, junge Frauen gegen „Silberrück­en“, Fundis gegen Realos, ideologisc­he Karrierist­en gegen pragmatisc­he Karrierist­en, Sektierer gegen Regierer – ermüdeten das Publikum mit der Zeit. Und zerstörten am Ende auch die Partei von innen.

Was von ihnen bleibt

Ein ehemaliger Grünen-Chef hat es immerhin zum Bundespräs­identen gebracht, auch wenn Alexander Van der Bellen nun kein Grüner mehr sein will (oder darf ). In Wien sind die Grünen seit 2010 Juniorpart­ner der SPÖ, wobei sich die Frage stellt, wie lang das unter Michael Ludwig noch so sein wird.

Nachhaltig hat sich die bürgerlich­e Version der grünen Partei in Westösterr­eich etabliert: In Tirol haben sich die Grünen trotz der Stimmenver­luste in der Landesregi­erung gehalten, in Salzburg und Vorarlberg (das im Herbst 2019 wählt) könnte es ähnlich kommen. Und in Innsbruck hat Georg Willi an diesem Sonntag gute Chancen, Bürgermeis­ter zu werden. Stärkste Partei sind die Grünen dort bereits.

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VON OLIVER PINK UND THOMAS PRIOR
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