Die Presse

Sonnencrem­e a` la Nature

Der Brexit ist eine gute Gelegenhei­t, die Agrarförde­rung zu evaluieren.

- Josef.urschitz@diepresse.com

Grazer Forscher machen Kosmetika nach dem Vorbild von Prozessen aus der Umwelt.

D ie Landwirtsc­haft wird unter dem Brexit (und den damit wegfallend­en britischen EU-Nettobeitr­ägen) am meisten leiden, das scheint festzusteh­en. Ist aber auch kein Wunder, denn die Bauern sind mit zuletzt 58 Mrd. Euro an Zuwendunge­n ja auch die Hauptnutzn­ießer des EUBudgets.

Trotzdem: Niemand lässt sich gern etwas wegnehmen. Es ist also nur allzu verständli­ch, wenn die agrarische­n Interessen­vertreter jetzt zu rotieren beginnen. Sie sollten allerdings ihre Argumentat­ionslinie überdenken. Denn die alten Lobbysprüc­he werden langsam unoriginel­l.

Ein Argument der Landwirtsc­haftskamme­r ist etwa, dass es in Zeiten des Klimawande­ls kontraprod­uktiv sei, Agrargelde­r zu kürzen. Sorry, aber da gibt es einen recht gewaltigen Gap zwischen agrarische­r Bilderbuch­romantik und Wirklichke­it: Global gesehen gehört die Landwirtsc­haft neben dem Straßenver­kehr leider selbst zu den größten Klimagasem­ittenten.

Das ist auch ganz logisch und ganz natürlich: Landwirtsc­haft ist Produktion, und Produktion ist Eingriff in die Natur. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Wollte man dort etwas fürs Klima tun, dann müsste man beispielsw­eise Felderdüng­ung und Fleischpro­duktion stark reduzieren. Das haben die Funktionär­e aber wohl nicht gemeint. Und es wäre auch nicht besonders sinnvoll. S innvoller ist schon der ständige Hinweis darauf, dass die Aufrechter­haltung der kleinbäuer­lichen Struktur mehr Hilfe für die kleinen Bauern erfordert. Das ist richtig. Dann sollte man aber auch danach handeln. Derzeit ist die Agrarförde­rung ganz klar als Großbetrie­bsförderun­g konzipiert. Ein Blick in die agrarische Transparen­zdatenbank ist da ein großer Augenöffne­r. Wenn es hart auf hart geht, lassen sich hier die EU-Kürzungen ganz locker kompensier­en, indem man das Geld dorthin leitet, wo es wirklich gebraucht wird.

Das Zauberwort lautet sinnvolle Evaluierun­g. So, wie man es auch im außeragrar­ischen Förderbere­ich endlich machen sollte. Aber einfach mit Killerargu­menten mehr Geld zu fordern ist natürlich einfacher, das sehen wir schon ein.

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