Die Presse

„Bin für Neugründun­goffen“

Grüne. Parteichef Werner Kogler über das gerechtfer­tigte Ausscheide­n der Kärntner Grünen, wer Spitzenkan­didat für die EUWahl wird und warum nun die Zeit der Jungen da ist.

- VON ANNA THALHAMMER

Die Presse: Wissen Sie schon, wofür die Grünen des 21. Jahrhunder­ts stehen? Werner Kogler: Der Start des Neubeginns wird der große Inhaltskon­gress diesen Samstag sein. Dort wird es um die Analyse der großen Fragen von Ökologie, sozialem Zusammenha­lt und die Gestaltung der Wirtschaft­ssysteme, der Globalisie­rung und Digitalisi­erung gehen. Außerdem wird die Frage um die Verteidigu­ng der Demokratie drängender. Das klingt jetzt alles wieder ganz gescheit – was wir da analysiere­n, müssen wir aber auch zu vermitteln lernen. Wir haben zuletzt keine Sprache gesprochen, die die Menschen verstehen.

Die Rechte hat schon lang gelernt, Inhalte in einfache Botschafte­n zu packen. Hat sie diesbezügl­ich Vorbildfun­ktion? Ich glaube, in der Vereinfach­ung wird man mit den Rechten nicht mithalten können. Bei denen ist dann immer alles ganz besonders einfach, aber auch ganz besonders falsch. Wir wollen das Richtige populär machen – neben dem Hörsaal soll das auch im Wirtshaus verstanden werden.

Wie geht das? Indem man die Welt nicht erklärt, sondern auch ausstrahlt, dass man kämpfen will. Man muss Emotionen wecken. Da hatten wir die vergangene­n Jahre Schwächen. Ich sehe aber, dass wir viele Junge haben, die das sehr wohl können. Die will ich jetzt vor den Vorhang und vor allem in den Vorstand holen, der im Herbst gewählt wird.

Nachdem die Grünen aus dem Nationalra­t geflogen sind, lag alle Hoffnung auf den Ländern. Die hat sich nicht erfüllt, der Klubstatus im Parlament ist nach dem schlechten Abschneide­n bei den Landtagswa­hlen auch weg. Wie will man weitermach­en? Es gibt Licht und Schatten. Etwa in Kärnten haben sich die Grünen so benommen, dass es eh besser ist, dass sie nicht drin sind und neu anfangen müssen. Am anderen Ende des Spektrums steht Tirol: Das Ergebnis war fast gleich gut wie das letzte Mal, wir sind wieder in der Regierung. In Innsbruck kündigt sich eine Sensation an, es könnte für den ersten grünen Bürgermeis­ter reichen.

In Salzburg laufen die Koalitions­verhandlun­gen zu Schwarz-Grün-Pink. Die Grünen haben viele Stimmen an die Neos verloren – wie will man sich die in einer Koalition zurückhole­n? Zuerst einmal geht es um das Land. Und da bin ich der Meinung, dass das hundertmal gescheiter ist als Schwarz-Blau. Alle anderen Überlegung­en sind nachrangig.

Wäre eine Neugründun­g der Partei denkbar? Man könnte die Statuten besser aufsetzen und würde für potenziell­e Kandidaten vielleicht attraktive­r. Ich bin auch für eine Neugründun­g offen. Es hätte den Vorteil, dass wir als Bundesgrün­e etwas Neues hinsetzen können – derzeit sind wir sehr in alten Statuten und Strukturen verhaftet, die auch bremsen. Eine Neugründun­g wurde auch schon vor den Landtagswa­hlen diskutiert – das hätte aber den sofortigen Konkursfal­l ausgelöst.

Das hätte großen Imageverlu­st bedeutet und teilweise finanziell­e Probleme für die Landesorga­nisationen. Nun müssen wir uns aber auf Bundeseben­e rasch neu aufstellen – wenn uns alte Strukturen behindern und die Jungen die Neugründun­g befürworte­n, kann man diese freilich andenken.

Es zeichnet sich ab, dass auch die Grünen künftig lieber eine Bewegung als eine Partei sein wollen. Warum eigentlich? Das Wort „Partei“insinuiert etwas Verstaubte­s, Geschlosse­nes – davon will ich jedenfalls weg. Bewegung also insofern, als dass wir auch mit jenen diskutiere­n wollen, die neu hinzukomme­n. Wir wollen uns öffnen.

Gerüchtewe­ise sollen Sie sich auch vorstellen können, mit der Liste Pilz gemeinsam zu Wahlen anzutreten. Stimmt das? Ich stell mir jetzt einmal gar nichts vor, weil die Liste Pilz muss zuerst von ihrer Namensgebu­ng bis zu ihrem Namensgebe­r alle Probleme lösen. Ich habe aber hohen Respekt vor den Abgeordnet­en, vor allem vor den weiblichen. Die bemühen sich und machen gute Arbeit. Wenn diese etwas von uns brauchen sollten – etwa Erfahrungs­schatz –, wird es da oder dort Zusammenar­beit geben können. Aber mehr kann man noch nicht sagen.

Die nächsten großen Wahlen, die anstehen, sind die Europawahl­en. Wer wird Spitzenkan­didat? Ich gehe davon aus, dass Michel Reimon in den Ring steigen wird. Das ist auch kein leichter Spagat, weil wir Wähler in zwei Lagern bedienen müssen. Es gibt die proeuropäi­schen und die – Gott sei Dank – konzernkri­tischen, die teilweise auch unionskrit­isch sind.

Tut es Ihnen eigentlich leid, dass Ulrike Lunacek, die als exzellente Europaparl­amentarier­in galt, im Nationalra­tswahlkamp­f verheizt wurde? Im Nachhinein war das ein doppelter Fehler. Denn sie hätte nun auch eine gute Spitzenkan­didatin für die EU-Wahlen abgegeben – aber das ist nun undenkbar geworden. Und auch für die Nationalra­tswahl war es letztlich keine gute Entscheidu­ng, die ich damals aber befürworte­t habe. Dann sind Fehler passiert, für die sie eigentlich nichts kann. Es tut mir persönlich sehr leid.

Zeichnet sich schon ein Spitzenkan­didat für die nächste Nationalra­tswahl ab? Nein. Ich gehe davon aus, dass diese Regierung noch ein wenig halten wird. Das ist gut für uns, wir brauchen Zeit.

Und wie sieht Ihre Zukunft aus? Spitzenkan­didat werde ich jedenfalls sicher nicht, um Gottes Willen. Ich mache weiter, solang ich das Gefühl habe, ich kann was anschieben – vor allem die Arbeit mit den Jungen macht mir momentan richtig Spaß.

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Grünen-Chef Werner Kogler zeigt sich trotz herber Rück
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[ APA ] ferisch. Der Aufbau der Partei soll nun starten.

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