Wie der Papst regiert – ein Lehrstück
Vatikan. Rom weigert sich, den Streit der deutschen Bischöfe zu entscheiden, ob evangelische Christen, die mit Katholiken verheiratet sind, zur Kommunion dürfen. Der Papst will eine Einigung.
Unentschieden, ohne Entscheidung also: So endete die aktuelle Unterredung einer Delegation deutscher Bischöfe, angeführt von Vorsitzendem Kardinal Reinhard Marx, mit Spitzen vatikanischer Dikasterien, angeführt vom Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria. Der Streitpunkt: Dürfen in gemischtkonfessionellen Ehen evangelische Christen die Kommunion empfangen? Die Causa ist ein Lehrstück, wie Papst Franziskus regiert.
Der frühere Kardinal Jorge Mario Bergoglio hat sich unmittelbar nach seiner Wahl auf dem Petersplatz als Bischof von Rom bezeichnet. Von Beginn an hat er eine Abkehr vom römischen Zentralismus vollzogen. Und die Kollegialität aller Bischöfe mit gemeinsamen Entscheidungen (Synodalität) und mehr Entscheidungen auf anderen Ebenen (Subsidiarität) betont.
Bei den Forderungen hat es der Papst nicht belassen. Er hat die statischen Bischofssynoden, wo vorbereitete Redetexte von Vertretern aus aller Welt abgelesen wurden, in relativ dynamische Diskussionsforen weiterentwickelt. Papst Franziskus ermuntert ausdrücklich zu Kritik und offenen Worten. So wurde nach der Familiensynode in Ausnahmefällen die Möglichkeit der Kommunion für Geschiedene, die zivilrechtlich wieder geheiratet haben, geschaffen.
Die deutsche Bischofskonferenz wird vom sehr selbstbewussten Münchner Kardinal Reinhard Marx angeführt. Er sitzt auch im Kardinalsrat, den der Papst eingerichtet und selbst beschickt hat. Das Gremium soll eine Kurienreform vorbereiten. Ganz im Sinn von Franziskus (mehr Befugnisse für die Bischofskonferenzen) hat sich der deutsche Episkopat darangemacht, ein Papier zu erarbeiten, das sich mit gemischtkonfessionellen Ehepaaren beschäftigt.
Klingt unspektakulärer, als es ist. Zentraler Punkt: Evangelischen Christen soll unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zum Kommunionempfang bei katholischen Messen erlaubt sein. In theologischer Detailarbeit wurde ein Dokument erarbeitet. Und mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Kardinal Marx zeigte sich stolz.
Die Freude währte nur kurz. Sieben Bischöfe widersprachen öffentlich. Nicht genug damit, haben sie sich mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki als Wortführer in einem Brief Hilfe suchend an Rom gewendet. Eine derart wichtige Frage könne nur auf weltkirchlicher Ebene entschieden werden, wurde argumentiert. Immerhin geht es um den Empfang eines Sakraments. Ein öffentlich geführter Disput zwischen Bischöfen folgte. Die Konsequenz: Die Kurie zitierte die Streitparteien in den Vatikan.
Nach katholischer Tradition wurde ein Machtwort Roms erwartet, verbunden womöglich mit einer Zurechtweisung. Tatsächlich hat der Papst den Ball aber zurückgespielt. Die deutschen Bischöfe müssten zu einer einheitlichen Linie finden, so die vom Chef der Glaubenskongregation weitergegebene Vorgabe des Oberhaupts der Katholiken nach dem rund dreistündigen Gespräch. Inhaltlich sonst nichts weiter Wesentliches, nicht einmal empfangen wurden die deutschen Bischöfe vom Papst.
Ach ja, der Vatikan hatte für beide Seiten Zuspruch parat: Franziskus würdige das ökumenische Engagement der Bischöfe (por Marx). Es seien auch „die Beziehung der Frage zum Glauben und zur Seelsorge, ihre weltkirchliche Relevanz sowie ihre rechtliche Dimension“wichtig (pro Woelki).
Die Situation ist damit für die deutschen Bischöfe auch nach der Unterredung im Vatikan um nichts leichter geworden. Der Papst hat es eben nicht gerichtet. Der Konflikt muss vor Ort gelöst werden.