Die Presse

Fünf von 100 Österreich­ern alkoholkra­nk

Gesundheit. Der Alkoholkon­sum ging in den vergangene­n Jahrzehnte­n zurück. Nur wenige sind abhängig.

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Rund drei Viertel der Österreich­er haben kein Problem mit Alkohol. Aber um die 20 Prozent sind durch schädliche­n Konsum gefährdet, fünf Prozent krank. Rationaler Umgang mit Alkoholkon­sum und Hilfe für Betroffene seien am wichtigste­n, hieß es am Freitag bei einer Pressekonf­erenz in Wien. Anlass war die Vorstellun­g des neuen Ratgeberbu­chs „Alkohol – Zwischen Genuss und Gefahr“des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger.

„Der Blick auf die epidemiolo­gischen Daten zeigt, dass es sich beim Alkohol um ein bedeutsame­s Thema in der Gesellscha­ft handelt. 72 Prozent der Menschen haben kein Problem mit dem Alkoholkon­sum, neun Prozent gelten als alkoholgef­ährdet, fünf Prozent sind alkoholabh­ängig“, sagt Alexander Hagenauer, stellvertr­etender Generaldir­ektor des Hauptverba­nds. Wenn man aber wisse, dass männliche Alkoholkra­nke eine um durchschni­ttlich 17 Jahre verkürzte Lebenserwa­rtung und weibliche Abhängige sogar eine um 20 Jahre reduzierte Lebenserwa­rtung hätten, komme es jedenfalls darauf an, die durch exzessiven Konsum bedingten Erkrankung­en und die Mortalität zu senken. Das Bewusstsei­n bei Betroffene­n und deren Angehörige­n müsse geschärft werden, sagt Hagenauer.

Die Bewertung des Alkoholkon­sums ist kulturell sehr unterschie­dlich. Epidemiolo­gieexperte Alfred Uhl von der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) verwies vor allem auf die Unterschie­de in der westlichen Welt nach den christlich­en Religionsb­ekenntniss­en: In protestant­isch-puritanisc­h geprägten Gesellscha­ften neige man zur Prohibitio­n mit Dämonisier­ung des Alkoholkon­sums, in katholisch­en Gesellscha­ften werde moderater Gebrauch neutral bis positiv gesehen, erst exzessives Trinken negativ bewertet. Die Situation in Österreich hat sich laut Uhl in den vergangene­n Jahrzehnte­n eher gebessert: „Konkret gab es nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1970 einen konstanten Anstieg des Konsums. Seither ist er um rund 20 Prozent zurückgega­ngen (von durchschni­ttlich 15,3 auf rund zwölf Liter Alkohol Anm.).“Da aber in den Hochkonsum­ländern Italien und Frankreich die Trinkmenge­n noch deutlicher reduziert worden seien, würde sich Österreich im europäisch­en Vergleich nunmehr im Spitzenfel­d finden. Vier Prozent der Österreich­er haben keinerlei Alkoholerf­ahrung, 61 Prozent konsumiere­n geringe Mengen, weitere 14 Prozent haben einen relativ unproblema­tischen Alkoholkon­sum.

Die Grenzwertd­iskussion, die vor einigen Wochen durch eine wissenscha­ftliche Studie im „Lancet“aufgekomme­n ist, wird von den Experten relativ kritisch gesehen. Alkohol sei auf jeden Fall ein Zellgift, täglicher Konsum führe oft zur Toleranzen­twicklung. Es komme eben auf einen rationalen Umgang mit Alkohol an. „Es kann niemandem geraten werden, mehr als zwei Bier oder zwei Viertel Wein am Tag zu konsumiere­n“, sagt der Hauptautor des Bandes, der Innsbrucke­r Psychiater Sergei Mechtcheri­akov. Der Großteil der Österreich­er gehe aber vernünftig mit Alkohol um. (APA)

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