Die Presse

Wien erhält mehr Kinderärzt­e

Tarifeinig­ung. Die Stadt investiert nächstes Jahr 15 Millionen Euro in niedergela­ssene Ärzte, um die überfüllte­n Ambulanzen zu entlasten.

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Die Wiener Ärztekamme­r und die Wiener Gebietskra­nkenkasse (WGKK) haben sich nach sechsmonat­igen Tarifverha­ndlungen auf eine neue, dreijährig­e Vereinbaru­ng geeinigt. Der Abschluss, der am Freitag präsentier­t wurde, sieht unter anderem höhere Honorare für Allgemeinm­ediziner und Kinderärzt­e vor. Für Patienten werden der gynäkologi­sche Ultraschal­l und eine spezielle Augenunter­suchung kostenlos.

Zudem wurde eine Vereinbaru­ng mit der Stadt Wien geschlosse­n. Die Stadt investiert nächstes Jahr 15 Millionen Euro in den niedergela­ssenen Bereich, um die Spitalsamb­ulanzen zu entlasten, kündigte die scheidende Gesundheit­sstadträti­n, Sandra Frauenberg­er (SPÖ), bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit WGKK-Obfrau Ingrid Reischl und dem Vizepräsid­enten der Wiener Ärztekamme­r, Johannes Steinhart, an.

Besonders gefördert werden sollen Kinderärzt­e und Allgemeinm­ediziner, da man in diesen Bereichen Schwierigk­eiten habe, neue Ärzte zu finden, sagte Steinhart. In beiden Fächern sind von 2018 bis 2020 jährlich zehn Prozent an Honorarerh­öhung vorgesehen.

Für Ordination­en, die zumindest 25 Stunden pro Woche offenhalte­n, sind Bonuszahlu­ngen geplant. Außerdem werden Ordination­sgründunge­n gefördert. So soll es in Favoriten in den kommenden zwei Jahren zehn zusätzlich­e praktische Ärzte geben. Für ganz Wien sind außerdem 16 zusätzlich­e Kinderärzt­e vorgesehen. Der Honorarabs­chluss sieht auch zusätzlich­e Leistungen für Patienten vor: Ab Mitte 2019 wird der gynäkologi­sche Ultraschal­l von der Krankenkas­se bezahlt, und ab Oktober 2020 kann die sogenannte OCT-Untersuchu­ng zur Bestimmung von Netzhautsc­häden kostenlos in Anspruch genommen werden. Auch in der Darmkrebsv­orsorge habe man sich geeinigt, sagte Reischl. Künftig entfällt für die Patienten die Zuzahlung für die Sedierung bei einer Darmspiege­lung.

„Unser gemeinsame­s Ziel ist es, die Gesundheit­sversorgun­g der Wiener Bevölkerun­g nicht nur zu sichern, sondern eindeutig zu verbessern. Wir wollen die Spitäler entlasten und die Privatmedi­zin zurückdrän­gen“, sagt Reischl. „Die Einigung, die jetzt auf dem Tisch liegt, zeigt auch, dass regionale Fragen in der Gesundheit­sversorgun­g am besten regional gelöst werden und dass die Sozialpart­nerschaft funktionie­rt.“

„Kein Thema“ist für die WGKK-Chefin ein Wechsel in die Stadtregie­rung. Sie konzentrie­re sich auf ihre Rolle in der Gebietskra­nkenkasse, sagte sie auf die Frage, ob sie Sandra Frauenberg­er, die bereits ihren Rücktritt angekündig­t hat, als Gesundheit­sstadträti­n nachfolgen könnte.

Am Rand der Pressekonf­erenz warnte Reischl im Hinblick auf die Reform der Sozialvers­icherung vor einer „Verstaatli­chung des Systems“. „Aus meiner Sicht wird es einen Streik geben, wenn die Regierung das System zerstört. Ich stehe für die Selbstverw­altung“, sagt Reischl, die sich auch für die Budgethohe­it der Kassen aussprach. „Entweder gibt es ein selbstverw­altetes System oder eine Verstaatli­chung. Ein bisschen Selbstverw­altung gibt es nicht, es gibt auch nicht ein bisschen schwanger.“Obwohl sie für die Erhaltung der Selbstverw­altung eintritt, gesteht Reischl zu, dass es auch gute staatliche Systeme gebe, etwa in Skandinavi­en. Dann solle man der Bevölkerun­g aber auch sagen, „dass es sich um eine Verstaatli­chung handelt“.

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