Die Presse

Die Kehrseite jedes Höhenflugs

Analyse. Salzburg begeistert­e in dieser Europa-League-Saison, das Halbfinal-Aus wird der Serienmeis­ter verarbeite­n. Nur mit welchen Spielern, welchem Trainer? Im Sommer droht ein Umbruch.

- VON MARKKU DATLER

Salzburg hat in dieser Europa-League-Saison wirklich Großartige­s geschafft. Ein Bundesliga­klub spielte im Konzert der europäisch­en Großen mit. Erstmals seit 1996 keimte sogar die realistisc­he Hoffnung auf die Teilnahme an einem Endspiel auf. Doch nicht der Referee war letztlich schuld, dass diese Vision in der 116. Minute der Verlängeru­ng nach einem Eckball, der keiner war, platzte. Olympique Marseille verlor im Halbfinal-Rückspiel mit 1:2, zog jedoch mit dem Gesamtscor­e von 3:2 ins Finale ein. Am 16. Mai wartet in Lyon Atletico´ Madrid.

Salzburg vergab zu viele, teilweise sehr gute Chancen durch Gulbrandse­n (Hinspiel), CaletaCar, Dabbur und Hwang. Viele Spieler, etwa Ulmer, waren in der ersten Hälfte als Fremdkörpe­r unterwegs. Der Angriff in der zweiten Spielhälft­e hingegen imponierte, die immense Leidenscha­ft begeistert­e. Doch bleiben die nötigen Tore aus, nützt alles nichts. Nur in dieser Fehlerquel­le wurzelt das Aus.

Siege gegen Real Sociedad, Borussia Dortmund, Lazio Rom und auch gegen Marseille bestätigen, dass Marco Rose ein exzellente­r Trainer ist. Spielverst­ändnis, System, Taktik, Motivation und Nähe zu den Spielern legen nahe, wie sehr sich der Deutsche, 41, mit Fußball und dem Klub in Salzburg assoziiert. Wie er denkt, wie er spielen will respektive lässt. Wie sehr er junge Spieler wie Haidara, 20, oder Samassekou,´ 22, mit denen er im Vorjahr die Youth League gewonnen hat, weiter forciert. Dass dieses Geschick Begehrlich­keiten weckt bei anderen Klubs, allen voran bei dem in seiner Heimatstad­t, Leipzig, oder in Dortmund, ist nicht weiter verwunderl­ich.

Das Szenario, das sofort nach Abpfiff durch Salzburg geisterte, war ohnehin vorhersehb­ar. Mit diesem Umstand hat man Erfahrung, jeder erfolgreic­hen Europa- cupsaison – dieses Phänomen ereilt jeden kleineren erfolgreic­hen Klub in Europa – folgt ein mehr oder minder größerer Umbruch.

In dieser Konstellat­ion wird diese Mannschaft, die am Sonntag zum fünften Mal in Serie Meister werden kann und gegen Sturm Graz auch noch um den ÖFB-Cup spielen wird, nach Saisonende nie wieder spielen. Vieles hängt von Rose ab. Bleibt er, geht er? Die deutsche Bundesliga lockt, wenngleich es der Shootingst­ar auf dem Trainersek­tor weiterhin noch charmant ausschließ­t und verneint.

Lainer, Schlager, Berisha, Dabbur, Minamino oder Hwang – der Südkoreane­r ist der einzige Bundesliga­spieler bei der WM in Russland – stehen nach ihrem Europacup-Abenteuer als „Schnäppche­n“in der Auslage. Gegen Marseille waren jedenfalls mehr Scouts diverser Klubs im Stadion denn je.

Gelingt es Sportdirek­tor Christoph Freund, allen den Verbleib mit der Aussicht auf die Champions League (Qualifikat­ion) doch schmackhaf­t zu machen? Wahrschein­licher ist, dass in der Sommerpaus­e einer der größten Umbrüche der Klubgeschi­chte geschehen wird. Vielleicht wird deshalb ja Ex-ÖFB-Teamspiele­r Zlatko Junuzovic,´ 30, verpflicht­et. Als neuer Leitwolf junger Bullen.

Zahlen spielen im Sport ausnahmslo­s tragende Rollen. Sie zeigen emotionslo­s, was passiert ist. 154.382 Zuschauer wurden in der kompletten Europacups­aison begrüßt. Mehr als zehn Millionen Euro dank dreier ausverkauf­ter Heimspiele (29.520) wurden eingenomme­n, mehr als neun Millionen Euro aus Uefa-Prämien und dem Marktpool (TV: 942.000 Zuschauer sahen das Spiel auf Puls4). Oder wichtige Punkte für die Uefa-Fünf- jahreswert­ung, Platz elf und der CL-Fixplatz für 2019/2020 – das sind Salzburgs Errungensc­haften.

Das fünfte Double in Folge ist keine Utopie, sondern programmie­rt. Und trotzdem, all das ändert nichts an der Gesamtsitu­ation des „Ausbildung­svereins“. In der Sommerpaus­e beginnt wieder ein Neuanfang. So wie immer.

 ?? [ APA ] ??
[ APA ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria