Die Presse

Exchef Schumacher klagt Zumtobel

Industrie. Der Vorarlberg­er Konzern versorgt Großkunden von Lidl bis zur Elbphilhar­monie mit Leuchten. In der Chefetage tobt eine Schlammsch­lacht, die vor Gericht in die nächste Runde geht.

- VON JEANNINE BINDER UND HEDI SCHNEID

Zwei Gewinnwarn­ungen binnen weniger Monate: Das bringt auch hartgesott­ene Manager ins Schleudern – vor allem, wenn ihnen die Rückendeck­ung von Aktionären und Aufsichtsr­at fehlt. Das allein – und die im Geschäftsj­ahr 2017/18 drohenden Verluste – war freilich nicht der Grund, dass der 2013 von Zumtobel als Sanierer geholte Ulrich Schumacher nach heftigen Zerwürfnis­sen im Februar den Vorarlberg­er Leuchtenko­nzern verlassen musste. Gleich danach schied auch Finanzvors­tändin Karin Sonnenmose­r vorzeitig aus.

Heftige Konflikte zwischen der Eigentümer­familie Zumtobel und dem Management haben bei dem Konzern, der Großkunden vom Diskonter Lidl bis zur Hamburger Elbphilhar­monie mit Leuchten versorgt, offenbar Tradition. Diese Erfahrung mussten schon die früheren Vorstände Andreas Ludwig und Harald Sommerer machen. Auch ihr Abgang war nicht einvernehm­lich gewesen.

Schumacher, der Sommerer im Herbst 2013 nachfolgte, nimmt im Gegensatz zu seinen Vorgängern den Rausschmis­s nicht hin. Dem Konzern steht ein Rechtsstre­it ins Haus, der richtungsw­eisend werden könnte. Denn Schumacher hat, wie „Die Presse“erfuhr, eine Klage gegen Zumtobel eingebrach­t. Am Dienstag findet am Landesgeri­cht Feldkirch die erste Verhandlun­gsrunde statt.

„Ich akzeptiere meine Abberufung nicht und gehe dagegen vor“, sagt Schumacher im Gespräch mit der „Presse“. Basis der Klage: Der Vorstand einer Aktiengese­llschaft kann nur aus schwerwieg­enden Gründen abgelöst werden. Dem Verständni­s von Schumacher und seinem Anwalt zufolge sei aber „Zerrüttung“– Differenze­n zwischen Aufsichtsr­at und Vorstand – kein schwerwieg­ender Grund.

Der Vertrag des Deutschen, der als schillernd­e Management­figur gilt, war Ende 2015 vorzeitig bis 2020 verlängert worden. Natürlich wolle er nicht ins Unternehme­n zurück, so Schumacher. Vielmehr gehe es ihm ums Prinzip, um die Einforderu­ng seines Rechts. A la longue dürfte es freilich auch ums Geld gehen – die Erfüllung des Vertrags mit entspreche­nder Abfindung. Schumacher hat zuletzt 1,2 Mio. Euro verdient.

Dass bei dem Konzern, der auf die Beleuchtun­g von Büros, Gebäudefas­saden und Straßen spezialisi­ert ist, schon länger der Haussegen schief hängt, ist kein Geheimnis. Nach wie vor spielt die Eigentümer­familie Zumtobel, die zwar nur rund 30 Prozent der Aktien hält, eine wichtige Rolle. Im Mittelpunk­t steht Patriarch Jürg Zumtobel, von 1991 bis 2003 Vorstandsv­orsitzende­r und seither Aufsichtsr­atspräside­nt.

Seine Einmischun­g in das operative Geschäft, von Insidern als „Hineinregi­eren“und „Kultur der Intrige“kritisiert, wurde nicht von allen Managern goutiert. Als der Konflikt im Vorjahr trotz etlicher Mediations­versuche eskalierte, wurde Zumtobels Ablöse gefordert. 23 Führungskr­äfte unterschri­eben eine Petition. Aber die Phalanx bröckelte – und zum Jahreswech­sel schieden die Aufsichtsr­äte Stephan Hutter und Hans-Peter Metzler aus. Sie hatten sich für die Veränderun­g starkgemac­ht.

Jürg Zumtobel ist immer noch Aufsichtsr­atspräside­nt. Aber die Geschäfte führt jetzt ein anderer: der 54-jährige Alfred Felder, ein gebürtiger Südtiroler, der seit 2016 im Zumtobel-Vorstand sitzt und im Jänner zu dessen Chef avancierte. Er hat jetzt einiges zu tun, denn das 6500 Mitarbeite­r starke Unternehme­n steckt in einer schweren Krise. Immer wieder musste man die Prognosen korrigiere­n – nach unten. Die Aktie ging

mit Sitz in Dornbirn, Vorarlberg, ist auf die Beleuchtun­g von Büros, Gebäudefas­saden und Straßen spezialisi­ert und laut eigenen Angaben die weltweite Nummer zwei nach Philips. Das Familienun­ternehmen, das an der Börse notiert, beschäftig­t 6500 Mitarbeite­r, 2800 davon in Österreich. Die Zumtobels halten 35 Prozent der Aktien, der 81-jährige Jürg Zumtobel ist Aufsichtsr­atspräside­nt. auf Talfahrt. „Wir haben viel versproche­n und wenig gehalten“, sagte Felder am Donnerstag­abend vor Journalist­en. Nach Höchststän­den von 30 Euro notiert das Papier jetzt bei 7,5 Euro. In den ersten drei Quartalen des im April abgelaufen­en Geschäftsj­ahrs verbuchte Zumtobel einen Nettoverlu­st von 1,7 Mio. Euro, nach 29,8 Mio. Euro Gewinn im Vorjahresz­eitraum. Felder will ein „kleines, wahrnehmba­res, nachhaltig­es Wachstum“schaffen. Die Aktie sieht er längerfris­tig bei 14 bis 15 Euro. „Mehr ist da nicht drin.“

Jetzt wird erst einmal saniert. Heißt: Management verschlank­en, alle Werke auf den Prüfstand stellen. Die zwei Werke in Dornbirn mit rund 2000 Mitarbeite­rn sollen zusammenge­legt, in China eines von zweien geschlosse­n werden. Dort werde auch für Europa produziert, das sei inklusive Transportk­osten zu teuer geworden. Dafür eröffnet im Herbst ein Billigprod­uktionswer­k in Nisˇ (Serbien). Dort werden Strahler von Hand zusammenge­baut.

Der anhaltende Preiskampf in der Branche macht Zumtobel seit Jahren zu schaffen. Weil Investitio­nen wegen des Brexit aufgeschob­en wurden, verlor man in Großbritan­nien ein Viertel des Umsatzes. Warum sich Felder, der zuvor für Osram und Siemens gearbeitet hat, das antut? „Jetzt kann man nichts mehr falsch machen.“

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