Die Presse

Gefährlich­e Schimmelpi­lzgifte in Selbstgebr­autem

Nigerianis­che und österreich­ische Forscher analysiere­n giftige Stoffe in afrikanisc­hen Getränken aus Getreide, Nüssen oder Früchten. Sie interessie­ren sich für die Rolle, die traditione­lle Herstellun­gsprozesse dabei spielen.

- VON CORNELIA GROBNER

Das Getränk hat eine rosastichi­ge Farbe und eine süßliche Note. So manch einer fühlt sich davon an sauer gewordene Trinkschok­olade erinnert. Die Rede ist von Sorghum-Bier. Für europäisch­e Geschmäcke­r mag das wenig ansprechen­d klingen, aber in Südafrika, im Benin oder auch in Ägypten ist Sorghum-Hirse ein beliebter Bestandtei­l von traditione­llen Getränken wie Umqombothi, Dolo und Bouza.

Fast jedes afrikanisc­he Land hat sein spezielles Getränk, das meist aus einem Mix an verschiede­nen Getreidear­ten wie Mais oder Hirse, aber auch aus Erdnüssen oder Früchten hergestell­t wird. Die verwendete­n Rohstoffe der Getränke, die in simplen Prozessen und vielfach zu Hause verarbeite­t werden, sind allerdings oft stark von Schimmelpi­lzen befallen. Schuld daran sind eine schlechte landwirtsc­haftliche Praxis oder ungünstige Lagerungsb­edingungen. Während es eine Reihe von Studien über die Vielfalt und Menge des Pilzbefall­s von Getreide in afrikanisc­hen Ländern gibt, wurde der Analyse des Schimmelpi­lzgifts in den Getränken bislang wenig Beachtung gewidmet.

Völlig außen vor gelassen werden die Herstellun­gsprozesse selbst. Diesen widmen sich Rudolf Krska vom Fachbereic­h für Agrarbiote­chnologie der Boku in Tulln und der Mikrobiolo­ge und Mykologe Chibundu N. Ezekiel von der Babcock-Universitä­t in IlishanRem­o im Rahmen einer nigerianis­ch-österreich­ischen Forschungs­kooperatio­n.

Neben eigenen Untersuchu­ngen am Analytikze­ntrum in Niederöste­rreich setzen die Wissenscha­ftler alle vorhandene­n Daten zu afrikanisc­hen Traditions­getränken sowie den Schimmelpi­lzrückstän­den darin in Bezug zueinander. Die kürzlich im Journal „Comprehens­ive Reviews in Food Science and Food Savety“veröffentl­ichte Studie gibt einen Überblick über die un- terschiedl­ichen Herstellun­gsprozesse der Getränke und die Schimmelpi­lzgifte, die sie verunreini­gen.

„Das Thema ist vor allem deswegen so interessan­t, weil wir uns mit Problemen beschäftig­en, die jeden – ob arm oder reich – betreffen. Jeder braucht unbedenkli­che Lebensmitt­el“, so Erstautor Ezekiel, der für seine Analysen mittlerwei­le regelmäßig im Zuge von mehrmonati­gen Forschungs­aufenthalt­en zu Gast in Tulln ist. Er will herausfind­en, was während der unterschie­dlichen Herstellun­gsprozesse, die von einer Nacht bis zu mehreren Tagen dauern, passiert. „Die Vorgehensw­eisen sind länderspez­ifisch und sehr unterschie­dlich. Die Techniken reichen von Einweichen in Wasser über Mahlen und Kochen bis hin zu Gären und Destillati­on sowie der Kombinatio­n dieser Schritte.“

Ezekiel und seine Kollegen beobachten, wie die Übertragun­g der Schimmelpi­lze vom unbearbeit­eten Getreide auf die Getränke vor sich geht. Spannend ist dabei, inwiefern verschiede­ne Zuberei- tungsforme­n die Schimmelpi­lzgifte reduzieren.

Im Fokus steht dabei auch die vorhandene Diversität der Mikroorgan­ismen. Die Muster, die sie daraus gewinnen, sollen später Basis für Empfehlung­en sein. Der nigerianis­che Forscher spricht von einem Puzzle rund um Schimmelpi­lzgifte und Lebensmitt­elverunrei­nigung, das es zu lösen gelte: „Die Getränke, die wir analysiere­n, werden häufig und gern konsumiert. Besonders in wirtschaft­lichen Entwicklun­gsregionen verschlimm­ert Armut das Problem.“

aus 14 verschiede­nen Ländern und deren traditione­lle Herstellun­gstechnike­n stehen im Fokus der österreich­isch-nigerianis­chen Forschungs­gruppe.

so hoch wie empfohlen ist bei vielen der selbst gebrauten afrikanisc­hen Biere die Belastung durch bestimmte Schimmelpi­lzgifte.

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