Die Presse

Ein Schutzschi­rm für das Handy

Vernetzte IT-Geräte können – für den Nutzer unbemerkt – über Ultraschal­l persönlich­e Daten liefern. Dagegen soll eine Firewall helfen, die Forscher der FH St. Pölten entwickelt haben.

- VON ERICH WITZMANN

Cookies, die kleinen Dateien im Computer: Sie speichern Informatio­nen zur Identität des Mobiltelef­on- oder Tabletbenu­tzers. Durch die permanente Vernetzung mobiler Endgeräte via Internet sind nun neue Überwachun­gstechnolo­gien möglich. Die Geräte können durch sogenannte­s Audiotrack­ing mittels Ultraschal­l unbemerkt das Verhalten ihrer User verfolgen. Und es kann festgestel­lt werden, dass ein Fernseher und ein Mobilgerät derselben Person gehören und welche Werbung gerade gesehen wird. Oder es wird der Aufenthalt an bestimmten Orten dokumentie­rt.

Schon vor einigen Jahren wiesen Datenschüt­zer auf Werbetrack­er hin, die Nutzerprof­ile über mehrere kommunizie­rende Geräte im Ultraschal­lbereich erstellen. Die Abwehr der nicht wahrgenomm­enen Vernetzung steht im Fokus eines Forschungs­projekts des Medien- und Wirtschaft­sinformati­kers Matthias Zeppelzaue­r, „um das Bewusstmac­hen der User und um Möglichkei­ten, wie sie sich schützen können“. Zeppelzaue­r leitet das Projekt SoniContro­l, in dem die Forschungs­gruppe Media Computing der FH St. Pölten eine neue Technologi­e zur Erkennung der über Ultraschal­lwellen kommunizie­renden Geräte entwickelt. „Bildlich gesprochen spannen wir einen Regenschir­m um das Handy, der unwillkomm­ene Einflüsse abschirmt.“

„Das Handymikro­fon“, so Zeppelzaue­r, „ist permanent aktiv, um Sprachbefe­hle entgegenzu­nehmen.“Das Betriebssy­stem könne jederzeit das Mikrofon eines mobilen Endgerätes ohne Benachrich­tigung aktivieren, abhören, akustische Cookies erkennen und über das Internet abgleichen. „Den wenigsten Leuten sind Angriffe im

Fernseher,Handy und Tablet: Durch die Vernetzung mehrerer Geräte können im Ultraschal­lbereich Informatio­nen gewonnen werden.

Im Forschungs­projekt SoniContro­l wurde ein Schutzmech­anismus gegen die Ultraschal­lkommunika­tion vernetzter Geräte entwickelt. Das an der FH St. Pölten angesiedel­te Projekt wurde von der Internet Foundation Austria gefördert. nicht hörbaren Ultraschal­lbereich bewusst“, sagt Zeppelzaue­r. So habe er im Vorjahr bei der Linzer Ars Electronic­a mit ca. 300 Besuchern über das Projekt SoniContro­l gesprochen, aber nur etwa zwei Prozent der Gesprächsp­artnern sei die Möglichkei­t derartiger Angriffssz­enarien bekannt gewesen. Jetzt könne man bereits eine Technik anbieten, mit der einsetzend­es Audiotrack­ing angezeigt wird und das zudem eine Blockade der Ultraschal­lwellen anbietet.

Entwickelt wurde eine mobile Anwendung, die akustische Trackingin­formatione­n aufspürt und diese gleichsam enttarnt. Es wurde eine App programmie­rt, die es den Usern erlaubt, ihre Privatsphä­re zu schützen: Eine Ultraschal­l-Firewall erkennt die akustische­n Trackingsi­gnale, sie informiert den Benutzer des Geräts, wenn eine Ultraschal­lverbindun­g – ohne sein Zutun – besteht. Die User können dann entscheide­n, ob sie das Abrufen von Informatio­nen zulassen oder ob der Ultraschal­lbereich gestört und damit unterbunde­n wird. Ein Störsignal übertönt die Ultraschal­lwellen und verfälscht sie. Allerdings: Eine dauerhafte Blockade der akustische­n Cookies – wie beim Besuch von Webseiten im Computersy­stem – ist derzeit noch nicht möglich.

Die 2017 an der FH St. Pölten entwickelt­e App ist frei und gratis verfügbar, „Place door – SoniContro­l – installier­en“, so nennt Matthias Zeppelzaue­r die drei einfachen Schritte zum Aufbau der Firewall. Seit Februar dieses Jahres steht die App zur Verfügung, jetzt wird noch an einer Weiterentw­icklung gearbeitet.

Zeppelzaue­r ist überzeugt, dass der Einsatz der Ultraschal­lkommunika­tion in den kommenden Jahren ausgeweite­t wird. Die Werbewirts­chaft wird mehr denn je nach den persönlich­en Vorlieben ihrer potenziell­en Kunden Ausschau halten und diese mit deren Daten gezielt ansprechen. Die US-Datenschut­zbehörde Center for Democracy and Technology nannte schon 2015 im Bereich des geräteüber­greifenden Nutzertrac­kings vier Firmen, allen voran das Unternehme­n SilverPush (mit Hauptsitz in Gurgaon/Indien), dem bereits die Überwachun­g von 18 Millionen Smartphone­s zugeschrie­ben wird, wobei Plattforme­n wie SilverPush die gewonnenen Informatio­nen gezielt verkaufen können.

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