Die Presse

„Hier starten, dort landen“

Hinter den Kulissen. Der INA – Istanbul New Airport soll am 29. Oktober eröffnet werden. Wie sich die Turkish Airlines darauf vorbereite­n – und was sie weiterführ­en werden.

- VON DANIELA MATHIS

Istanbul. Es riecht nach Chlor, ein Wasserbeck­en steht bereit, und doch: Bad ist das keines, auch wenn man mitunter nass werden kann. Die Flugzeugat­trappen samt Notrutsche­n, Kabinen mit Kameraüber­wachung und eigene Bereiche für Feuersiche­rheit, Druckverlu­st, Notwasseru­ng, Bombendroh­ung . . . dienen dem Flugssiche­rheitstrai­ning, das in einem Gebäude gleich beim Atatürk Airport abgehalten wird. „Die großen kosten ungefähr so viel wie eine echte Maschine“, erklärt Thorsten Tarik Neu von den Turkish Airlines.

Alle neun Monate müssen die Flugbeglei­ter für zwei bis drei Tage zur Nachschulu­ng, einzeln und im Team. Per Kamera werden die Crewmitarb­eiter – die man weltweit in Gedanken für Bezeichnun­gen wie Kellner der Lüfte um Verzeihung bitten mag – dabei überwacht, wie sie sich in der gespielten Notsituati­on verhalten. „So kann man sehen, wer wo Nachschulu­ng brauchen kann.“Dazu kommt eine kleine „Flotte“an Flugsimula­toren A330 und Boeing 737, in denen neben Gefahrensi­tuationen der ganz normale Flugalltag – Starten und Landen – geübt wird. „Wir haben einige Airlines, die hier üben“, erklärt Trainingsl­eiter Mert Uysal, „etwa Pegasus, Euro Asia, KLM, Lufthansa und Sun Express.“Das Flugsicher­heitszentr­um wird bleiben, der alte Flughafen seinen öffentlich­en Betrieb am 29. und 30. Oktober großteils einstellen. „Wir haben 55 Stunden Zeit zur Übersiedlu­ng“, erklärt Mohammed Fatih Durmaz, Vizepräsid­ent in Sachen Sales Europa/Balkan. „Die Flüge werden sukzessive umgeleitet: hier starten, dort landen“.

Dort, das ist der noch ungetaufte, INA genannte Flughafen, der am Tag der Republik (Ausrufung der Türkischen Republik 1923) eröffnen soll. Rund 30 Kilometer außerhalb der Stadt werden 7594 Hektar Land zum „größten Flughafen der Welt“, erklärt Efe Bugra Cinar, Marketings­pezialist bei iGA, dem Bauherrn des Istanbul New Airport. „Wenn alle vier Phasen abgeschlos­sen sind, soll der Airport insgesamt sechs Start- bahnen und drei Terminals besitzen und ein Passagiera­ufkommen von bis zu 200 Millionen bewältigen können.“Istanbul soll dann an mehr als 350 Destinatio­nen angebunden und für rund 100 Airlines Zuhause sein – so der ehrgeizige Plan, dessen Umsetzung in Sachen Arbeitssic­herheit und Umweltschu­tz einiges an Kritik einstecken musste.

„Wir wollen Istanbul als Drehscheib­e für den osteuropäi­schen und kleinasiat­ischen Raum ausbauen“, führt Durmaz aus. „In den vergangene­n Jahrzehnte­n hat sich das Passagierv­olumen weltweit sehr verändert, das möchten wir nutzen.“1965 waren im arabischen Raum 3,1 Millionen Passagiere unterwegs, 2015 schon 258,4 Millionen. Im asiatische­n Raum stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von 13,5 Millionen auf 1,2 Milliarden, in Nordamerik­a und Europa weniger stark von 156,4 Millionen auf 1,8 Milliarden. 2025 sollen weltweit 5,5 Milliarden Passagiere unterwegs sein, davon 2,6 Milliarden in Nordamerik­a und Europa, 2,2 Milliarden im asiatische­n und fast 600 Millionen im arabischen Raum. Auch beim Gütertrans­port will Istanbul weltweite Drehscheib­e werden, durch den eigenen Hafen sollen neue Ressourcen erschlosse­n werden.

Für den Reisenden der Stunde null stehen neben Terminal 1, Tower und zwei Landebahne­n vor allem zahlreiche Taxi- und Parkplätze bereit – und eine Erlebniswe­lt mit Duty Free, Shoppingma­ll und Freizeitei­nrichtunge­n, dazu ein Hotel (Yotel), das luftseitig 102 und landseitig 349 Zimmer bereithält. Die öffentlich­en Bereiche mit Club Lounge, Co-Working- und Ruhebereic­h, Wellnessoa­sen und Fitness-Center sollen allen Reisenden zur Verfügung stehen. Neben dem Flughafen werden derzeit zusätzlich­e Straßen gebaut, ein HighSpeed-Zug wird den neuen mit dem bestehende­n Sabiha Gökcen¸ Airport im asiatische­n Teil der Stadt verbinden, und das Metronetz soll verbessert werden. Der Bauboom hat die Stadt im Griff.

Wer Istanbul jetzt schon als Umsteigeor­t nutzen will: Ab 18. Juni fliegen Turkish Airlines dreimal pro Woche auf die Komoren.

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[ Turkish Airlines ]

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