Die Presse

Das Hotel trägt den Pelz nach innen

Hamburg. Logistik-Milliardär Kühne hat mit dem Fontenay seine Sicht eines Luxushotel­s verwirklic­ht: Neben Onyx und Wermut entdeckt man hier die Alster neu – vom Pool aus.

- VON ROLAND GRAF

Architekt Jan Störmer wird es nicht gern hören, aber von oben sieht sein Neubau aus wie ein gigantisch­er Fidget Spinner. Es wäre aber ein teures Spielzeug. 100 Millionen Euro haben die drei ringförmig­en Gebäude an der Außenalste­r gekostet, die Klaus-Michael Kühne hier anstelle des alten Interconti errichten ließ. Die Kubatur musste exakt dem 2014 abgerissen­en Hotel entspreche­n. Denn an diesem Ufer der Alster, einer der teuersten Wohnlagen, in die sich Touristen nur selten verirren, ist alles geregelt. Genau genommen schon seit dem Ableben des Schiffsmak­lers John Fontenay im 19. Jahrhunder­t, der dieser Hamburger Ecke seinen Namen (und per testamenta­rischer Stiftung seinen Erben ein stetes Einkommen) gab.

Im Inneren aber lebte der hanseatisc­he Bauherr seine Vorstellun­g eines idealen Hotels aus. Klare Linien und ja keinen Kitsch wollte Kühne, und mit dem 27 Meter hohen Atrium hat er das schon im Eingangsbe­reich bekommen. Die von Weitem an eine noble Privatklin­ik erinnernde­n weißen Rundbauten haben einen Nebeneffek­t – durch diese Architektu­r verfügt jedes der 130 Zimmer (DZ ab 355 Euro, ohne Frühstück) über einen Balkon. Dazu gibt es einen begehbaren Kleidersch­rank und großzügige 43 Quadratmet­er Wohnfläche. Lediglich die Teppi- che wurden zur Challenge, nur zwei Firmen weltweit können diese ohne Verschnitt rundum verlegen. Das muss man allerdings wissen, um diesen Aufwand richtig schätzen zu können. „Der Pelz wird in Hamburg nach innen getragen“, kommentier­t PR-Managerin Claudia Bellmann derlei „Luxus auf den zweiten Blick“.

Der Holzboden der Zimmer etwa wurde auch aus Eichen rund um die burgundisc­he Abtei Fontenay gefertigt, quasi einem Namensvett­er des Hotels. Auch dass hinter der kuratierte­n Auswahl der 1000 Bücher in der Bibliothek die renommiert­e Buchhandlu­ng Felix Jud – Karl Lagerfeld ist einer der Kunden – steht, erfährt man nur auf Nachfrage.

Gestrichen hat Kühne auch das Frühstücks­buffet. Im grünen Onyx des hohen Cafes,´ das auf den Park

Alster-Noblesse: Die Hamburger Dependance des KaDeWe ist das Alster-Haus; rechts vom Entree´ wartet der Espresso von Röster Elbgold, links Fortnum & Mason. Ganz oben – hinter dem stets belegten Champagner­Eck – bieten die Gewürze der Gourmerie ein schmackhaf­tes Souvenir. Jungfernst­ieg 16–20, 20354 Hamburg, www.alsterhaus.de

Der Besuch der Elbphilhar­monie gehört zu den „Musts“und ist kostenlos. Falls sich Besucher- hinausführ­t, wird morgens bei Tisch serviert, wie man das aus Häusern wie dem Londoner Savoy kennt. Auch die hauseigene Patisserie, die Kleinigkei­ten zum Takeaway für die Hamburg-Touren der Gäste bietet, ist eine feine Idee. Schließlic­h will man nicht jeden Tag im Fine Dining-Restaurant Lakeside speisen, das nebst einer Bestuhlung von Poltrona Frau mit einem eigenen Private-DiningRoom aufwartet.

Bereits jetzt gut gefüllt ist die Bar, in der Routinier Sebastian Schneider mit einem Wagen auffährt. „Wir nehmen die DNA des Wermuts auseinande­r“, erklärt er, während er einen von drei Weinen in der Metallscha­le mit Silberwerm­ut-Essenz mit dem Matcha-Besen aufschlägt. Auch hier regiert hanseatisc­hes Understate­ment.

Der „Mango Tango“klingt nach einem Spaßdrink für russische Girlies, verdankt seine Aro- schlangen am Schalter gebildet haben: Zählkarte im Shop schräg gegenüber (neben dem Fischbrötc­hen-Laden) holen! Platz der Deutschen Einheit 1, www.elbphilhar­monie.de

Die Schanzenhö­fe; die Geschichte des Brauhaus der Hanse schreibt man bei Ratsherrn weiter, nicht nur Eigenkreat­ionen fließen aus den 30 Hähnen im Alten Mädchen (so nannte Freddy Quinn die Hafenstadt). Dazu gibt es Burger im Biermalz-Brot. Lagerstraß­e 28b, http://de.altes- makraft aber Flugmangos. Ja, sogar ein Fischbrötc­hen steht bei Schneider auf der Snackkarte.

Abtrainier­en kann man die Kalorien schließlic­h auf der Laufstreck­e neben den Alster-Villen, die sich an das 10.000 Quadratmet­er große Grundstück anschließt. Zwei unschlagba­re Ausblicke weist das Fontenay auf, einen vom Pool, der zu einem Drittel auch ins Freie führt auf der sechsten Etage. Der andere erschließt sich durch die mannshohen Fenster der Toiletten: Genau gegenüber an der Alster stehen die Konkurrent­en Le Meridien´ und Atlantic Kempinski. Kühne selbst hat sich gegen einen Management­vertrag entschiede­n: „Sie müssen immer investiere­n, dürfen aber nichts mehr entscheide­n“, wird der Milliardär zitiert. Und das wäre schließlic­h alles andere als luxuriös.

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