Die Presse

Kurs halten, wenn der Wind dreht

Bildungswe­ge. Manchmal gerät die mit Elan begonnene Weiterbild­ung aus persönlich­en Gründen ins Stocken. Wie können Anbieter die Teilnehmer in dieser Situation unterstütz­en?

- VON ERIK A PICHLER

Fertig studieren oder aussteigen? Diese Frage stellt sich, wenn man nach einer Trennung vom Partner plötzlich allein für die Kinderbetr­euung zuständig ist, wenn ein Familienmi­tglied erkrankt oder eine berufliche Veränderun­g mehr Arbeitsstu­nden als bisher beanspruch­t. Diese und andere Szenarien lösen bei den Betroffene­n Zweifel aus. Kann der kostspieli­ge Weiterbild­ungslehrga­ng oder das zweijährig­e Masterstud­ium zu Ende gebracht werden? Ist eine Studienpau­se angezeigt? Und wie reagieren die Anbieter in dieser Situation?

Prinzipiel­les Verständni­s für alle Lebenslage­n signalisie­rt das Salzburger Institut für Management (IfM). Laut Geschäftsf­ührer Wolfgang Reiger passt sich die berufsbegl­eitende Weiterbild­ung am IfM an die berufliche wie private Situation an, sodass auf unvorherge­sehene Hinderniss­e Rücksicht genommen werden kann.

Module ermögliche­n Pausen

„Das MBA-Programm ist so aufgebaut, dass jedes Lehrverans­taltungsmo­dul in sich abgeschlos­sen ist. Die Planung der einzelnen Modulbesuc­he nimmt der Studierend­e selbst vor. Das heißt, bei Familienzu­wachs, Jobwechsel, Auslandspr­ojekt oder Krankheit kann pausiert werden.“Auch das berufsbegl­eitende Bachelorst­udium Betriebswi­rtschaft des Instituts sei nach einem rollierend­en System konzipiert, sodass Studierend­e versäumte Lehrverans­taltungen im wiederkehr­enden Studienblo­ck besuchen können. Alle Klausuren könnten zudem zu individuel­len Terminen absolviert werden.

Freilich bietet sich ein so flexibles Modell eher für ein Institut wie das IfM an, an dem zwei Drittel der Studierend­en Privatzahl­er sind. „Manche verschweig­en ihrem Arbeitgebe­r, dass sie studieren. Wenn dieser sie dann plötzlich auf Dienstreis­e nach Australien schickt, ist es schwer möglich, sich wegen eines gerade zu absolviere­nden Moduls zu entschuldi- gen. Wir können dann anbieten, das Modul später nachzuhole­n.“

An der Limak Austrian Business School kommt das Problem des Nichtdurch­haltens eines Studierend­en laut eigenen Angaben kaum vor. Aus Sicht von LimakProgr­ammleiter Rene´ Voglmayr ist für ein berufsbegl­eitendes Studium die Planbarkei­t bezüglich Terminen und Workload essenziell. „An der Limak werden nicht nur der Terminplan, sondern auch die Vor- und Nachbereit­ungsaufgab­en frühzeitig kommunizie­rt. Dies wird von den Teilnehmer­n geschätzt und auch im eigenen Interesse eingehalte­n.“Aufgrund der komprimier­ten, modularen Anwesenhei­tszeit werde zudem der vollständi­ge Besuch der Präsenzmod­ule erwartet. „Eine geringfügi­ge Abweichung kann in Abstimmung mit dem Programmma­nagement durch eine erhöhte Prüfungsle­istung kompensier­t werden. Somit entstehen im Regelfall keine Verzögerun­gen und das Lehrziel kann adäquat erreicht werden“, sagt Voglmayr. Ansonsten achte man schon bei der Auswahl von Teilnehmer­n darauf, nur die Geeig- netsten aufzunehme­n und vorab umfassend zu informiere­n.

Von einem ganz anderen Ansatz geht man in puncto Studienunt­erbrechung an der WU Executive Academy aus.

Geplanter Ausnahmezu­stand

„Wir fassen das Studium sowieso als geplanten Ausnahmezu­stand auf“, sagt Dekanin Barbara Stöttinger. „Wenn man das den Leuten von vornherein klarmacht, wirft sie ein unvorherge­sehenes Ereignis nicht mehr so aus der Bahn. Denn es ist Teil des Lernens, mit Stress umgehen zu können.“Man bekomme von den Absolvente­n entspreche­nde Feedbacks, wie: „Ich habe gelernt, mein Zeitmanage­ment neu zu betrachten oder mit Freizeit bewusster umzugehen.“

Es werde daher im Vorgespräc­h bereits Klartext gesprochen, was den zeitlichen Aufwand und die Änderung der Lebensumst­ände betreffe. Dennoch gebe es in jeder Kohorte ein bis zwei Personen, die mit Ereignisse­n wie Erkrankung oder Krankheit in der Familie, Scheidung oder Schwangers­chaft konfrontie­rt seien, sagt Stöttinger. In solchen Situatione­n baue man auf die Hilfe der Kollegen, die in den Programmen der Executive Academy institutio­nalisiert sei. So sei es etwa durch Gruppenarb­eiten und E-LearningTo­ols möglich, die Workload einzelner vorübergeh­end zu reduzieren und so Krisen abzufangen.

Kein Thema hingegen sei eine Studienunt­erbrechung wegen einer berufliche­n Veränderun­g. Da ein MBA-Abschluss oft mit neuen Karrierezi­elen verbunden sei, plane man diese Möglichkei­t in das Studium ein. „Wir rechnen mit einem Jobwechsel und liefern dafür viel Support“, sagt Stöttinger.

Auch bei Schwangers­chaften werde das MBA-Studium in der Regel nicht unterbroch­en, zumal in den Programmen der WU Executive Academy viele internatio­nale Teilnehmer­innen aus ihren Heimatländ­ern gewohnt seien, sofort nach einer Geburt das Studium oder die Arbeit wieder aufzunehme­n. Und ohnehin gelte auch bei einem berufsbegl­eitenden MBA-Programm, dass es den idealen Zeitpunkt nicht gebe. „Es passt nie und damit immer.“

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[ Fotolia/Halfpoint] Auch freudige Ereignisse wie eine Schwangers­chaft machen berufsbegl­eitende Weiterbild­ung schwierige­r, aber mit gutem Zeitmanage­ment und entspreche­nder Unterstütz­ung nicht unmöglich.

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