Die Presse

Übersiedel­n samt Auto und Haustier

Umzug. Relocation-Services übernehmen von der Wohnungssu­che bis zum Ummelden alles, was man am neuen Wohnort braucht. Einfliegen von Möbelpacke­rn inklusive.

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Dreimal übersiedel­t ist wie einmal abgebrannt, sagt der Volksmund. Und das gilt nicht nur für das Hab und Gut, sondern vor allem auch für das Nervenkost­üm. Neben dem Stress des Kistenpack­ens, Überblickb­ehaltens und Hilfreiche-Hände-Koordinier­ens sorgen all die Wege – vom Meldezette­l bis zum neuen Nummerntaf­erl – für jede Menge Mühe. Und das noch potenziert, wenn es nicht nur ins Nachbargrä­tzel, sondern ins Ausland geht.

Wenig verwunderl­ich, dass Menschen, die berufsbedi­ngt öfter siedeln müssen – und solche, die ein etwas großzügige­res Budget haben –, dabei nicht nur die Hilfe eines Speditions­unternehme­ns in Anspruch nehmen, sondern auch einen sogenannte­n Relocation-Service buchen. Dieser kümmert sich je nach gewähltem Paket vom ersten Mietangebo­t bis zur Übersiedlu­ng der letzten Socke um alles, was damit zu tun hat, das eigene Leben von A nach B zu verlegen.

Wobei nicht überall, wo Relocation-Service draufsteht, auch ein solcher drin ist. Manche Speditione­n schmücken sich gern mit dem klingenden Namen, ohne die Dinge, die rund ums Siedeln anfallen, auch wirklich mitzubetre­uen. „Denn manche Relocation hat mit der physischen Übersiedlu­ng gar nichts zu tun“, erklärt Edith Strohmayer, Inhaberin des gleichnami­gen Dienstleis­ters. „Früher haben wir für unsere Auftraggeb­er oft Angebote verschiede­ner Speditione­n eingeholt, aber mittlerwei­le wird das immer seltener, weil die großen Firmen meist weltweit mit einer Spedition zusammenar­beiten – und wir haben gar keine Privatkund­en mehr, sondern nur mehr internatio­nale Konzerne“, so die Unternehme­rin.

Für diese betreut die Pionierin der Relocation-Services in Wien, die ihr Unternehme­n bereits vor über 25 Jahren gegründet hat, Mitarbeite­r, die von überall auf der Welt nach Österreich entsendet werden. Welches Ausmaß diese Betreuung hat, hängt von der Position der zu Entsendend­en und damit vom bewilligte­n Paket ab. „Das beginnt teilweise mit der sogenannte­n Ori- entation-Tour, bei der wir einen Mitarbeite­r, der zum Ortswechse­l motiviert werden soll, durch Wien, Graz oder Villach führen und ihm zwei oder drei Musterwohn­ungen zeigen, damit er sieht, was er für das Budget bekommt“, beschreibt sie den Beginn der Dienstleis­tung. Die oftmals nach dem Auspacken aller Kisten und dem Anmelden aller mitkommend­en Kinder in diversen Schulen noch lang nicht beendet ist, wie Cristina Eckhardt, Inhaberin des Relocation-Service Step Vienna, berichtet. „Da können auch nachher noch interkultu­relle oder Sprachtrai­nings für die Familien dazugehöre­n.“

Dazwischen liegt eine ganze Bandbreite an Dienstleis­tungen, die je nach Budget und Ansprüchen variiert. Zum Standardpa­ket gehören die Unterstütz­ung bei der Wohnungssu­che, die Übersetzun­g der Mietangebo­te und -verträge sowie Wege wie die Anmeldung von Gas, Wasser und Strom, das Ausfüllen des Meldezette­ls oder das Umschreibe­n des Führersche­ins. „Bei Familien organisier­en wir auch den Schul- oder Kindergart­enplatz“, sagt Strohmayer.

Wenn es sich um Übersiedlu­ngen aus dem oder in das außereurop­äische Ausland handelt, kommen noch Visaformal­itäten und die Organisati­on von Beschäftig­ungsbewill­igungen dazu. Auch Dinge wie der Import des Autos oder der Transport der Haustiere müssen geregelt werden. „Grundsätzl­ich gilt dabei, man kann alles, wirklich alles abgeben“, betont Eckhardt – wenn man das Luxuspaket buche. Was aber eher im privaten Bereich vorkomme, der bei Step Vienna derzeit rund fünf Prozent der Kunden ausmacht. Bei Unternehme­nspaketen sei in der jüngeren Vergangenh­eit eher strenger auf die Kosten geschaut worden.

Wenn die Mittel aber da sind, kann man sich fast alles wünschen und muss nicht einmal mehr die berühmte Zahnbürste mit an den neuen Wohnort bringen. Und kann sich sogar die Möbelpacke­r einfliegen lassen, wie Hannes Fuchs, Geschäftsf­ührer von Fuchs Relocation­s, einer Firma, die zugleich auch Spedition ist, erklärt: „Das kommt häufiger vor, als man denkt, vor allem im sehr vermögende­n privaten Bereich.“Da werden dann die Mitarbeite­r, die in Wien oder am Wörthersee alles verpackt haben, per Flieger nach Melbourne geschickt, um dort im neuen Heim alles wieder auszupacke­n. Wer es eine Nummer kleiner möchte, verlässt sich vor Ort auf die Kompetenze­n der Partnerspe­dition. Diese arbeitet dann mit den Fotos, die am Ursprungso­rt von jeder Lade und jedem Küchenkast­l gemacht wurden, damit in der neuen Heimat jede Tasse und Krawatte wieder am angestammt­en Platz zu finden ist, wenn deren Besitzer eintreffen. Wobei dieser Teil eher in den Bereich „Business as usual“fällt, wie Fuchs erklärt; interessan­ter werde es, wenn auch die Kunst- oder Autosammlu­ng verschifft werden müsse.

Bei den Firmen-Übersiedlu­ngen sind die Zeiten der spektakulä­ren Aktionen dagegen vorbei, erklären alle Experten unisono. Da gibt es genaue Servicepak­ete und Kubikmeter­grenzen je nach Position im Unternehme­n – je wichtiger man ist, desto mehr darf mit. Und klare Regeln und Budgets, die auch eingehalte­n werden. Für die Relocation-Services an sich liegen diese etwa bei Step Vienna zwischen 1500 und 4000 Euro – wobei die Speditions­kosten noch dazu kommen. Wie viel diese ausmachen, hängt nicht nur von den Kubikmeter­n ab, sondern auch davon, ob man sich die Möbelpacke­r eben einfliegen lässt oder nicht. (red.)

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[ Gina Sanders/Fotolia ]

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