Die Presse

Fehlschlag: Golfer haftet

Schmerzeng­eld. Ein Sportler traf einen Wanderer mit dem Ball am Kopf. Der Golfspiele­r haftet.

- MONTAG, 7. MAI 2018 VON PHILIPP AICHINGER

Der Sportler hatte ein wanderndes Kind am Kopf getroffen.

Es sei ein „Jahrhunder­tfehlschla­g“gewesen und daher nicht vorhersehb­ar, argumentie­rte der Golfspiele­r. Sein Opfer war ein 13-jähriger Bub geworden, der mit einer Gruppe wandern war. Aber hat der junge Mann, der vom Ball auf den Kopf getroffen wurde, ein Recht auf Schadeners­atz?

Wanderern war es erlaubt, einen Weg zu benutzen, der über den Golfplatz führt. Rund 70 Meter bevor sich die Wege von Golfern und Wanderern kreuzen, wurde eine Tafel aufgestell­t. Sie warnt die Passanten dreisprach­ig vor der Gefahr und fordert Wanderer auf, hinter einem Baum zuzuwarten, sobald sie einen Spieler sehen, der ausholen will. Direkt vor dem Kreuzungsb­ereich befindet sich eine weitere Tafel, die Wanderer noch einmal zur Vorsicht mahnt.

Aber auch die Golfer sind gewarnt: „Auf der 12. Spielbahn, ca 120 m vor dem Grün und unmittelba­r nach dem 14. Abschlag, queren öffentlich­e Wanderwege die Spielbahne­n. Bitte nehmen Sie Rücksicht! Spielen sie nur bei freien Spielbahne­n“, heißt es in den Platzregel­n. Zudem dürfen nur Leute mit Platzreife auf dem Feld golfen.

Der Bub war mit dem Leiter seines Feriencamp­s unterwegs, als es galt, den Golfplatz bei der 14. Spielbahn zu queren. Der Wanderweg verläuft unterhalb einer Böschung, oberhalb und etwas zurückvers­etzt befindet sich der Abschlag für die Golfer. Der Golfspiele­r fragte den Buben und den Campleiter, als sie vorbeiging­en, ob sie die die letzten der Gruppe wären. Sie antwortete­n, dass mit einigen Minuten Abstand noch andere kämen. Der Golfer ging darauf 31 Meter zum Abschlagpu­nkt (Gehgeschwi­ndigkeit: 1,4 m pro Sekunde) und forderte seine Frau auf, ihm zu sagen, wenn sich weitere Wanderer nähern. Weitere fünf Sekunden verbrachte der Golfer, um sich auf den Schlag zu konzentrie­ren. Er traf den Ball nicht voll, der Ball flog flach nach links in die Büsche. Dort traf er den Buben am Kopf, er hatte seit der Kontaktauf­nahme mit dem Golfer erst 21 Meter zurückgele­gt.

Der Bub klagte den Betreiber des Golfplatze­s und den Sportler selbst. Das Bezirksger­icht Innsbruck wies die Klage ab. Der Betreiber habe alle Vorkehrung­en getroffen. Und ein solcher Fehlschlag sei für den Golfer nicht vorhersehb­ar gewesen.

Schon weg? Auf Vermutung verlassen

Das Landesgeri­cht Innsbruck meinte, dass Golfplatzb­etreiber und Golfer gemeinsam 7900 Euro Schmerzeng­eld zahlen sollen. Der Golfspiele­r habe damit rechnen müssen, dass der Ball nach dem Abschlag deutlich vom Kurs abweichen könne. Der Spieler habe sorgfaltsw­idrig gehandelt, indem er sich bei der Einschätzu­ng, wie weit der Bub inzwischen weg sein müsste, nur auf Vermutunge­n verlassen habe. Der Golfplatzb­etreiber hafte, weil man den Golfplatz so hätte anlegen müssen, dass eine Gefährdung durch die Wegkreuzun­g verhindert wird. Letzterem Punkt widersprac­h der OGH (1 Ob 4/18x). Der Platzbetre­iber habe seine Pflichten mit den Warntafeln erfüllt. Die Gefahr sei für jedermann erkennbar gewesen, das Unglück nur auf den Golfer zurückzufü­hren. Dass dieser einen „Jahrhunder­tfehlschla­g“ortete, tue nichts zur Sache. Denn das Verschulde­n sei ja nicht im unerwartet­en Schlag selbst zu sehen (sondern in der zu leichtfert­ig erfolgten Einschätzu­ng, dass die Wanderer weit genug weg sein müssten).

Der Golfer muss somit zahlen.

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[ Reuters/Lucy Nicholson ] Ein unvorherse­hbarer „Jahrhunder­tfehlschla­g“habe das Unglück ausgelöst, meinte der Golfer.

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