Die Presse

Neos: Das (Über-)Leben nach Strolz

Parteivors­itz. Durch das Wegfallen ihrer Galionsfig­ur, Matthias Strolz, wird es für die Partei schwierige­r. Beate Meinl-Reisinger gilt als Favoritin für die Nachfolge. Eine Vorentsche­idung dürfte am Mittwoch fallen.

- VON PHILIPP AICHINGER UND MARTIN FRITZL

Wien. Matthias Strolz hat den Neos die Flügel gehoben. Nun müssen die Pinken ohne ihren bisherigen Frontmann weitermach­en. Strolz verkündete am Montag seinen schrittwei­sen Abschied als Parteichef und Klubobmann. Vor sieben Jahren hat er das Projekt einer liberalen Partei ins Leben gerufen, jetzt, zwei erfolgreic­he Nationalra­tswahlen später, zieht er sich schrittwei­se aus allen politische­n Funktionen zurück. Eine Entscheidu­ng mit Folgen – aber wie geht es nun bei den Neos weiter?

1 Was sind die Hintergrün­de für den Rücktritt?

Strolz hat betont, dass es keinen aktuellen Grund für seinen Rückzug gebe. Aber er hat immer schon erklärt, dass er nicht für immer in der Politik bleiben wolle. Als Zeithorizo­nt für sein Engagement hat er bisher zehn Jahre angegeben. Die Neos sind 2012 gegründet worden und 2013 erstmals ins Parlament eingezogen – so gesehen kommt Strolz’ Abschied nun doch deutlich früher als ursprüngli­ch gedacht. Parteiinte­rnen Druck auf Strolz dürfte es aber nicht gegeben haben – auch wenn nicht alle bei den Neos mit seinen Aussagen über einen drohenden Bürgerkrie­g aufgrund der Migrations­entwicklun­g glücklich gewesen sein sollen.

2 Wie geht es den Neos im Moment?

Erstaunlic­h gut. Nach dem Überraschu­ngserfolg bei der Nationalra­tswahl 2013 ist im Vorjahr der Wiedereinz­ug ins Parlament gelungen. Dass gleichzeit­ig die Grünen aus dem Nationalra­t geflogen sind, hilft der pinken Partei – bedient sie doch eine ähnliche Zielgruppe: die urbane gebildete Wählerschi­cht. Auf Landes- und Gemeindeeb­ene sind die Neos noch nicht so weit, da gab es sowohl Erfolgserl­ebnisse als auch einige Dämpfer.

In Vorarlberg, Tirol, Wien und Niederöste­rreich glückte der Einzug in den Landtag, in Oberösterr­eich, der Steiermark, im Bur- genland und in Kärnten reichte es dagegen nicht. Das beste Ergebnis haben die Neos erst vor wenigen Wochen in Salzburg erzielt, wo sie 7,2 Prozent der Stimmen erreicht haben und derzeit mit ÖVP und Grünen über eine Landesregi­erung verhandeln. Es wäre die erste Regierungs­beteiligun­g für die Partei.

3 Gefährdet der Rücktritt des Parteichef­s das Projekt?

Leichter wird es sicher nicht. Der Spitzenkan­didat spielt in Wahlkämpfe­n eine entscheide­nde Rolle. Strolz hat gezeigt, dass ihm diese liegen – und dass er auch in schwierige­n Situatione­n die Aufmerksam­keit für sein Projekt auf sich lenken kann. Welchen Einfluss ein nicht optimaler Spitzenkan­didat haben kann, wissen die Neos von der EU-Wahl 2014. Damals waren sie nach der erfolgreic­hen Nationalra­tswahl auf einem Höhenflug und hofften auf ein zweistelli­ges Ergebnis – ehe nicht ganz so geglückte Auftritte der Spitzenkan­didatin, Angelika Mlinar, die Partei auf acht Prozent zurückfall­en ließen.

Strolz sieht ein Wählerpote­nzial von 20 Prozent für seine Partei. Um das auszuschöp­fen, müsste der Nachfolger von Strolz (oder die Nachfolger­in) aber noch Berge versetzen. Zuletzt lag die Partei in bundesweit­en Umfragen bei maximal acht Prozent.

4 Wer könnte Strolz als Parteichef nachfolgen?

Die logische Nachfolger­in wäre die Wiener Parteichef­in, Beate Meinl-Reisinger. Sie galt auch bisher schon als starke Frau im Hintergrun­d. Und sie gilt hinter den Kulissen auch als Wunschkand­idatin des scheidende­n Obmanns, Matthias Strolz. Momentan sitzt Meinl-Reisinger zwar im Wiener Gemeindera­t. Der Wechsel in den Nationalra­t wäre aber kein Problem: Wenn Strolz sein Mandat abgibt, würde Meinl-Reisinger als nächste Kandidatin nachrücken, wenn sie das wollte. Als weitere mögliche Kandidaten auf den Chefsessel werden der Medienmana­ger Veit Dengler – er ist Mitbegründ­er der Neos – und der Neos-Vizeklubob­mann Nikolaus Scherak genannt (siehe auch Seite 2).

5 Wann entscheide­n die Neos über die Nachfolge?

Am Montag gab es eine Telefonkon­ferenz, am Mittwoch berät der erweiterte Parteivors­tand persönlich über die Nachfolge, da sollte es eine Vorentsche­idung geben. Ende Juni gibt Strolz den Parteivors­itz ab, der Nachfolger wird bei einer Mitglieder­versammlun­g gewählt. Im Herbst scheidet Strolz dann auch aus dem Nationalra­t aus – und ein neuer Abschnitt für die Neos beginnt.

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[ APA] Montag, zwölf Uhr. Presseclub Concordia: Neos-Klubobmann Matthias Strolz verkündet seinen politische­n Abschied. Ende Juni geht er als Parteichef, im Herbst verlässt er das Parlament.

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