Die Presse

Ein emotionale­r Abschied

Abschied. Mit einer emotionale­n Rede verkündete NeosChef Matthias Strolz seinen Rücktritt. Es ist der Abgang eines Mannes, der die Politik gleichzeit­ig fürchtete und liebte.

- VON PHILIPP AICHINGER

„Seit Jahresbegi­nn habe ich zunehmend Klarheit darüber bekommen, dass 2018 das Jahr meiner Amtsüberga­be sein wird. So wie mich mein Herz in die Aufgabe einer Parteigrün­dung gerufen hat, so sagt mir die Stimme meines Herzens nun, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Führungsve­rantwortun­g zu übergeben.“

Mit diesen Worten kündigte Neos-Chef Matthias Strolz am Montag bei einer Pressekonf­erenz an, dass er sich aus der Politik zurückzieh­en werde. Was er danach mache, sei noch nicht klar. „Ich schreibe nicht nur gern Gedichte, sondern auch Bücher“, sagte Strolz, er habe auch schon „einige Projekte im Kopf“. Er freue sich auf mehr Zeit für die Familie. „Ich bin nicht Passagier, ich bin der Pilot meines Lebens“, sagte Strolz.

Dass er im Laufe dieser Legislatur­periode die Politik verlassen will, wussten seine engsten Mitstreite­r schon. Mit der Verkündung zum jetzigen Zeitpunkt überrascht­e der Neos-Obmann aber viele. Strolz blickte am Montag mit Stolz auf seine Obmannscha­ft zurück. Nun sei es aber an der Zeit, diese weiterzuge­ben – „für die nächste Wachstumsp­eriode“der Bewegung.

Es ist das Ende einer Politkarri­ere, die im Cafe´ begann. Rund 15 Leute aus dem bürgerlich­en Umfeld versammelt­en sich im Jahr 2006 im Wiener Cafe´ Eulennest. Unter ihnen ein gewisser Matthias Strolz. Ein Junguntern­ehmer, der sich schon als Vorarlberg­er Landesschu­lsprecher und als ÖH-Vorsitzend­er der Uni Innsbruck engagiert hatte. In den Jahren 2000 und 2001 werkte Strolz sogar als parlamenta­rischer Mitarbeite­r des ÖVP-Abgeordnet­en Karlheinz Kopf. Doch mit der ÖVP war Strolz nicht zufrieden.

Und diese Grundstimm­ung war schon damals im Cafe´ deutlich zu spüren. Es wurde geredet, philosophi­ert, debattiert.

„Nach der dritten Flasche Wein haben wir angefangen zu politisier­en, nach der fünften haben wir gesagt, wir brauchen eine neue Partei“, sollte Strolz Jahre später einmal die Geschehnis­se zusammenfa­ssen.

Irgendwie drängte Strolz schon immer in die Politik. Als er im Jahr 2011 ein Buch zum Thema schrieb, wollte er es „Ich liebe Politik“nennen. Der Verlag fand aber, dass sich ein Buch mit diesem Titel nicht verkauft. Und so hieß es schließlic­h „Warum wir Politikern nicht trauen . . . und was sie tun müss(t)en, damit sich das ändert“. Und doch zögerte Strolz, selbst in die Politik zu gehen. „Noch viel größer als die Lust war viele Jahre die Angst. Weil ich wusste, dass sich mein Leben völlig auf den Kopf stellen würde“, resümierte Strolz am Montag.

Indirekt war der frühere SPÖ-Staatssekr­etär Josef Ostermayer schuld daran, dass Strolz Ernst machte. Im Oktober 2011 kam es für eine Zeitung zum Streitgesp­räch zwischen Ostermayer und Strolz rund um dessen Buch. „Würden Sie Herrn Strolz raten, in die Politik zu gehen?“, wurde Ostermayer dabei gefragt. Der Staatssekr­etär verneinte und riet Strolz, er solle besser weiterhin Politikber­ater bleiben. Das weckte den Ehrgeiz in Strolz endgültig. Am nächsten Tag telefonier­te er mit seinem Vertrauten Veit Dengler. Zusammen riefen sie die Neos ins Leben, auch wenn Dengler wegen eines Engagement­s als Medienmana­ger dann nie bei einer Wahl kandidiere­n sollte.

Emotional, auffällig, umstritten

Nach Vorarbeite­n wurde im Oktober 2012 das Neue Österreich (kurz Neos) offiziell als Partei angemeldet. Für viele überrasche­nd schaffte die Partei mit fünf Prozent im Jahr 2013 den Einzug in den Nationalra­t, 2017 wiederholt­e sich das Kunststück. Zu verdanken war das vor allem der Person des Matthias Strolz, der frühere Wähler der ÖVP, der Grünen und des Liberalen Forums ansprach.

Mit prägnanten Sprüchen wie „den Kindern die Flügel heben“oder dem „Enkelfitma­chen“von Pensionen fiel Strolz auch in weiterer Folge auf. Mit Kastanieng­edichten oder dem Philosophi­eren über das Umarmen von Bäumen polarisier­te der Parteigrün­der freilich ebenso wie mit seinen teilweise sehr emotionale­n Parlaments­reden und Videos in Social-Media-Kanälen. „Ich gestehe mir Emotionen zu. Weil ich mir sage, vielleicht verschaffe ich damit auch Gehör für meine Botschaft“, sagte Strolz erst vor wenigen Wochen im „Presse“-Interview.

Seinen Emotionen ließ Strolz auch am Montag freien Lauf, als er phasenweis­e mit den Tränen kämpfte und mit gebrochene­r Stimme seine politische Karriere resümierte: „Ich bin dankbar, dass das Leben mir diese Aufgabe mit auf den Weg gegeben hat“, sprach der Neos-Gründer.

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Der größte Erfolg des Matthias Strolz: Am 29. September 2013 zog er mit den Neos erstmals in den Nationalra in Jahr zuvor hatte er die Partei gegründet.
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