Mehr Geld für fokussiertere EU-Außenpolitik
EU-Budget 2021–2027. Die Kommission möchte, dass Europa seine Außenpolitik dort verstärkt, wo es Einfluss hat: auf dem Westbalkan, in den einstigen Sowjetrepubliken, in Nordafrika.
Brüssel. Drei große Gewinner gibt es im Budgetvorschlag der Kommission: Alles, was mit Forschung und Jugend zusammenhängt; alles, was mit Grenzschutz und Migration zu tun hat; und die Außenpolitik. Von inflationsbereinigt 94,5 Milliarden Euro auf 123 Milliarden Euro sollen die finanziellen Mittel der EU in ihrer nächsten siebenjährigen Haushaltsperiode von 2021 bis 2027 steigen, ist dem vorige Woche vorgestellten Vorschlag der Kommission zu entnehmen. Das wäre, sofern die nationalen Regierungen und das Europaparlament dies so beschließen, ein Anstieg um 26 Prozent – und das, obwohl im März 2019 das Vereinigte Königreich und somit der zweitgrößte Nettozahler die Union verlässt.
Ein genauerer Blick auf die Zahlen der Kommission legt offen, dass die Kommission diesen Wunsch nach einem stark gewachsenen außenpolitischen Haushalt mit dem Argument verteidigen wird, dass sie eine stärkere Konzentration auf jene Weltregionen vorschlägt, an denen die Union erstens ein besonderes strategisches Interesse und in denen sie zweitens einen tatsächlichen politischen Einfluss hat. Das bedeutet: deutlich mehr Geld für die Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan, für die postsowjetischen Republiken (allen voran die Ukraine) und den für die Bewältigung des Migrationsproblems entscheidenden arabischen Halbmond von Marokko bis Syrien. Im Gegenzug würde es nach den Vorstellungen der Kommission deutlich weniger Geld für Asien und Lateinamerika geben.
Fokus auf Rechtsstaat und Migration
Die konkreten Zahlen für die einzelnen Programme und Fonds werden erst in den nächsten Wochen veröffentlicht werden. Doch schon jetzt sind klare Linien erkennbar. Die Mittel für die juristische, administrative, politische Vorbereitung der Beitrittskandidaten werden von zwölf auf 14,5 Milliarden Euro aufgestockt. Tatsächlich dürften die Nachfolgestaaten Jugoslawiens sowie Albanien noch mehr Geld zur Heranführung an EU-Standards erhalten, weil gleichzeitig die Vor-Beitrittshilfen für die Türkei angesichts deren Abgleitens in eine Autokratie laufend gekürzt werden. Dieses Geld kann dann auf die Westbalkanstaaten umverteilt werden. Bemerkenswert sind hier die neuen Schwerpunkte im Umgang mit den aktuel- len und künftigen Beitrittskandidaten. „Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Migration“sollten die Prioritäten bei der Vergabe dieser Mittel sein, „wozu auch die Stärkung der Sicherheitskooperation und der Bekämpfung von Radikalisierung und organisierter Kriminalität sowie die Unterstützung einer integrierten Migrationspolitik einschließlich Grenzmanagement gehören werden“, heißt es im ausführenden Annex zur Budgetmitteilung der Kommission.
Ein Drittel mehr für EU-Nachbarschaft
Noch stärker soll nach dem Willen der Brüsseler Behörde das Budget für die Nachbarschaftspolitik wachsen, also für den Umgang mit jenen Staaten im Osten und Süden der Union, die zwar auf absehbare Zeit keine Chance haben, EU-Mitglied zu werden, jedoch im Weg von Handels- und Assoziierungsabkommen wirtschaftlich und politisch möglichst eng an Europa gebunden werden sollen. Das Budget hierfür soll von 16,5 Milliarden auf 22,5 Milliarden Euro steigen: Das wäre ein Drittel mehr als in der laufenden Periode von 2014 bis 2020. Dies ist jener Einsicht geschuldet, die Johannes Hahn, der für Erweiterung und Nachbarschaft zuständige Kommissar, gern so zusammenfasst: „Der eigentliche Grenzschutz beginnt weit vor der Außengrenze der EU.“
Aus diesem Grund soll es auch etwas mehr Geld für die Unterstützung Schwarzafrikas geben. Der Europäische Entwicklungsfonds, über den das hauptsächlich läuft, wird ins EU-Budget integriert (und damit der Kontrolle des Europaparlaments unterstellt), die Mittel von 29 Milliarden auf 31,5 Milliarden Euro erhöht. „Das liegt auch daran, dass wir Fluchtursachen bekämpfen müssen“, betonte ein mit dem Entscheidungsprozess vertrauter Funktionär zur „Presse“. Hingegen wird das Budget für Lateinamerika und Asien von rund 20 Milliarden auf 14 Milliarden Euro gekürzt werden: „Man muss dort natürlich einen Fuß in der Tür behalten, aber viele dieser Länder brauchen heute keine traditionelle Entwicklungshilfe mehr“, sagte er.