Die Presse

Kabinenpar­ty im Riesenrad

Festival. Der Linzer Rapper Skero setzt auf Vielfalt: Er malt auch, designt Fliesen und Sakkofutte­r, singt Wienerlied – und spielt nun hoch über dem Prater.

- VON SAMIR H. KÖCK

Geht scho gemma Vuigas!“, rappte Skero in seinem bislang größten Hit „Kabinenpar­ty“. Was im zugehörige­n Video des nächtens in einem Holzhäusch­en in einem Freibad stattfand, passiert nun in einer Fahrgastka­bine des Wiener Riesenrads im Rahmen des Red Bull Music Festivals im Prater. Auf drei Bühnen und in fünfzehn Waggons wird heimischer Sound zelebriert. Ein Novum, sponsert die Dosenfirma doch sonst eher internatio­nale Musikgröße­n.

Dass DJane Sonja Resista aus politische­n Gründen gegen diese Veranstalt­ung auf Facebook mit einer zünftigen Moralpredi­gt mobil macht, regt den stets entspannte­n Skero nicht auf. „Obwohl mich einiges von Mateschitz schon irritiert hat, etwa sein Widerstand gegen einen Betriebsra­t bei Servus TV, finde ich es positiv, dass er etwas für die heimische Musikszene macht. Er könnte ja sein Geld auch anderweiti­g ausgeben.“

Als Künstler ist Skero breiter aufgestell­t als die meisten Kollegen. Obwohl er mit „Kabinenpar­ty“auf den Schwingen des Songs „Popozuda Rock ’n’ Roll“des Brasiliane­rs Edu K. einen richtigen Hit lancieren konnte, war er stets auch auf anderen Feldern kreativ. Das lag einerseits daran, dass ihn Hip-Hop zunächst wegen der Graffiti-Kultur zu interessie­ren begann. Angeregt durch eine Fernsehdok­u über Subway Art begann er selbst in leeren Fabrikshal­len mit dem Sprayen zu experiment­ieren. Anderersei­ts war es pure Vorsicht. „Als Österreich­er sollte man sich lieber nicht darauf verlassen, von der Musik leben zu können.“

Skero, dessen Name eine Kombinatio­n von Skki und Dero ist, Graffitikü­nstlern aus Paris und New York, hat zwischen seinen musikalisc­hen Highlights mit genauso viel Begeisteru­ng Sakkoinnen­futter und Fliesen designt – seine Grasfliese lässt Grün im Badezimmer sprießen. Diese Tätigkeit sieht Skero durchaus im Kontext der HipHop-Kultur. „Das Spannende am HipHop ist doch, dass er viele Arten von Talent anspricht. Du kannst als Sprayer, Zeichner, Tänzer, Dichter und als Musiker in dieser Szene dabei sein.“

Skero hat einige Möglichkei­ten realisiert, als er, der gebürtige Mödlinger, der mit zehn Jahren mit seiner Familie nach Linz gezogen ist, im Kulturzent­rum Kapu seine späteren Bandkolleg­en von Texta getroffen hat. Zunächst versuchten sich die Burschen als Konzertver­anstalter, ehe sie sich selbst auf

wurde als Martin Schlager 1972 in Mödling geboren. Von 1993 bis 2013 war er in der Linzer Hip-Hop-Kombo Texta tätig. 2009 landete er den Hit „Kabinenpar­ty“. 2013 Gründung der Wienerlied-Band MüßigGang. Das Red Bull Music Festival findet am Mittwoch, 9. Mai, im Wiener Prater statt. Es gibt drei Bühnen mit heimischen Stars wie Money Boy, Nazar, Yung Hurn, Patrick Pulsinger, Kruder & Dorfmeiste­r, Klaus Eberhartin­ger u. v. m. Ab 18 Uhr, 19 Euro. die Bühne stellten. Der Wechsel vom Graffitikü­nstler zum Hip-Hop-MC, war das nicht nervenaufr­eibend? „Wenn man in einer Gruppe ist, tut man sich erheblich leichter. Durch die deutsche Band Advanced Chemistry, die wir damals auch nach Linz brachten, hatte ich das Gefühl, dass man auch auf Deutsch leiwand rappen kann. Texte habe ich immer schon gern geschriebe­n. Natürlich hat es etwas länger gedauert, bis wir es heraus hatten, uns musikalisc­h richtig zu produziere­n. Aber dann war es super.“

Dennoch hat sich Skero 2013 aus der Band verabschie­det. 2014 debütierte er mit seinem neuen Projekt Müßig-Gang, wo er auf modernes, sozialkrit­isches Wienerlied setzt. Skero verehrte schon lange Helmut Qualtinger, Mally Nagl und Kurt Girk. „Das Wienerlied hat einen ganz eigenen Vibe.“Er liebe seine Zweistimmi­gkeit und auch, „dass es an unerwartet­er Stelle im Tempo langsamer wird“. Für das Video des Songs „Ned Deppat“, für den Edmund Sackbauers Diktum „Mei Bier is ned deppat“gesampelt wurde, haben Müßig-Gang mit dem MundlFancl­ub zusammenge­arbeitet.

Das Kabinenkon­zert am Riesenrad bestreitet Skero zur Gänze mit HipHop. „Das Schöne in Österreich ist, dass man keine strategisc­hen Überlegung­en anstellen muss, weil der Markt so klein ist. So hab ich die Freiheit, zwischen Hip-Hop und Wienerlied zu wechseln, wie es mir gerade taugt. Auch Hip-Hop-mäßig werde ich bald wieder was raushauen. Bei mir stehen halt immer ein paar Töpfe am Herd.“

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