Vorreiter auf dem digitalen Pannenstreifen
Österreich hat eine 5G-Strategie mit ziemlich viel heißer Luft.
Wir wollen 5G-Vorreiter in der Europäischen Union sein“, hat Infrastrukturminister Norbert Hofer nach dem Beschluss seiner 5G-Strategie im Ministerrat vor zwei Wochen vollmundig verkündet. Sehr schön, denn die fünfte Mobilfunkgeneration, um die es geht, dürfte die wohl wichtigste Infrastruktur des nächsten Jahrzehnts sein. Ohne das ultraschnelle Internet ist die Digitalisierung (von Industrie 4.0 bis zum selbstfahrenden Auto) nicht möglich. Wer da nicht vorn dabei ist, verspielt seine Zukunft.
Lobenswert ambitioniert also, die Strategie. Blöd nur, dass sie mit der Realität wenig zu tun hat. Derzeit stehen wir nämlich blamablerweise auf dem digitalen Pannenstreifen, während Asiaten und Amerikaner, aber auch Skandinavier an uns vorbeiziehen. Dass wir da in einer Liga mit Deutschland und der Schweiz (wo derzeit 5G-Masten wegen erhöhter Strahlung gar nicht erlaubt wären) spielen, tut nichts zur Sache: Die D-A-CH-Länder sind geschlossen dabei, von der Entwicklung überrollt zu werden.
Bezeichnend die Konfusion im Ministerium selbst: Ende April wurde die 5GStrategie im Ministerrat beschlossen; in einer mit 2. Mai datierten parlamentarischen Anfragebeantwortung sagt Hofer aber, dass es erst einen Entwurf auf Beamtenebene gebe. Interessant wird es dort übrigens auf Seite 5: „Bis dato“sei noch keine neue Strategie für den Glasfaserausbau in Österreich erarbeitet worden, liest man da staunend. Ein flächendeckendes Glasfasernetz ist aber Voraussetzung für die fünfte Mobilfunkgeneration, denn die riesigen Datenmengen müssen ja irgendwie von und zu den Funkmasten kommen. B eim Glasfaserausbau sind wir nach einer Studie der Computer Measurement Group übrigens Letzter in Europa, knapp hinter Serbien. Es fehlen also immer noch die Grundvoraussetzungen, um eine 5G-Offensive überhaupt in Gang zu bringen. Statt vollmundiger Strategien ohne reale Basis wäre es vielleicht besser, im Ministerium die Schwerpunkte zu überdenken. Dort investiert man zweistellige Milliardenbeträge in Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts – und hält sich aus der Infrastruktur der Zukunft vollständig heraus.