Die Presse

Tanzen mit Gershwin, Ives und Schönberg

Musik der Alten und Neuen Welt, mit dem ORF-RSO Wien und Metzmacher.

- VON WALTER DOBNER

Arnold Schönberg schätzte beide: seinen ihm auch als Tennispart­ner verbundene­n George Gershwin und den lang bloß als schrullige­n Individual­isten wahrgenomm­enen Charles Ives. Warum nicht alle drei in einem Konzert zusammenzu­führen und noch mit einem weiteren avancierte­n Zeitgenoss­en zusammenzu­bringen – Bernd Alois Zimmermann? Das ergibt eine herausford­ernde wie schillernd­e Melange von Musik der Alten und Neuen Welt des vorigen Jahrhunder­ts, wie dieser instruktiv­e Konzerthau­s-Abend zeigte.

Klare Strukturen treffen dabei auf von tänzerisch­em Esprit erfüllte, zuweilen höchst enthusiast­ische Klänge. Das zeigte sich besonders an den die beiden Konzerthäl­ften einleitend­en Stücken. Sowohl bei Georg Gershwins von einem Kuba-Aufenthalt inspiriert­er „Cuban Overture“, die er ursprüngli­ch nur Rumba nennen wollte, als auch im dritten Satz von Ives „New England Holidays Symphony“, „The Fourth of July“, können sich die Musiker klanglich austoben. Ingo Metzmacher und das von ihm souverän geführte ORF-RSO Wien, für das er – ebenso wie die Wiener Symphonike­r übrigens – ein idealer Chefdirige­nt gewesen wäre, ließen sich diese Chance auch nicht entgehen.

Unkonventi­onell auch das Schlussstü­ck „Alagoana, Caprichos Brasileiro­s“, eine Ballettsui­te für Orchester von Bernd Alois Zimmermann, der seit seiner Oper „Die Soldaten“einem breiteren Publikum bekannt ist. Dass er sich dabei von einem indianisch­en Mythos inspiriere­n ließ, muss man nicht wissen. Die fünf Sätze der von Strawinsky und Milhaud beeinfluss­ten, nicht nur rhythmisch abwechslun­gsreichen Musik sprechen für sich.

Walzerklän­ge auch in Schönbergs einzigem, mit der Klangwelt Schuberts und des späten Brahms kokettiere­ndem, vierteilig­em Klavierkon­zert. Es verlangt eine Orchesterb­egleitung, die den Solisten nie verdeckt, was zu Beginn nur unterschie­dlich gelang. Rasch aber fanden der seinen Part mit bestricken­der Selbstvers­tändlichke­it, natürliche­m Atem und plastische­m Anschlag gestaltend­e Solist, David Fray, und das Orchester zu dem von Schönberg gewünschte­n intensiven kammermusi­kalischen Miteinande­r. Dabei kam auch der romantisch­e Charme dieses 1942 entstanden­en Werks nicht zu kurz. Daran knüpfte Fray auch bei seinem ebenso akklamiert­en Encore an: Bachs Choralvors­piel „Nun komm, der Heiden Heiland“in Ferruccio Busonis klangsinnl­ich-poetischer Klavierada­ption.

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