Lassen Sie sich vom AMS servieren!
Anmerkungen zum Revisionsbericht des AMS, dem „Servicegedanken“und dem Tun der Sozialarbeiter.
Zuletzt ist ein interner AMSRevisionsbericht hochgekocht. Die Vorstände Kopf und Buchinger mussten bei Bundeskanzler Kurz antreten, dürfen aber in ihren Funktionen beim Arbeitsmarktservice verbleiben.
Zum vermeintlichen Skandalpapier möchte ich auch eine knappe sozialarbeiterische Anmerkung machen.
Die Arbeitsmarktintegration von Syrern und Afghanen in Sozialberufe wäre schwierig, weil diese den „Servicegedanken“ablehnten, steht im ominösen Bericht. Jetzt ist es natürlich eine große Trottelei, zu unterstellen, dass es keine Dienstleistungsbranche oder keine Kenntnis dazu bei Menschen aus Syrien oder Afghanistan gäbe. Und es grenzt wahrscheinlich schon an pathologischen Kretinismus, in völkischen Kategorien zu denken und zu handeln. Jedenfalls ist es ein Wesenszug des Rechtsextremismus – womit ich nicht gesagt haben will, dass so ein Bericht rechtsextrem ist.
Hinzu kommt, dass in diesem Zusammenhang von Frauen gar nicht erst Rede ist. Sollen wohl zuhause bleiben?
Vor allem aber ist es offenkundige Unkenntnis der Grundzüge der sogenannten Sozialberufe, wenn vom Servicegedanken die Rede ist. Soziale Arbeit ist kein Service, sondern erfüllt neben der Vermittlungs- und Hilfefunktion auch eine Disziplinierungs- und Normierungsfunktion im Wohlfahrtsstaat.
Ihr Auftrag ist Normalisierung, gegebenenfalls auch gegen den Willen der Menschen, die sie beanspruchen (müssen), wie etwa in der Grundversorgung von Geflüchteten und mittellosen NichtEU-Bürgern, der Bewährungshilfe, dem Sozialdienst im Strafvollzug oder der Kinder- und Jugendhilfe. Soziale Arbeit ist parteiisch mit ihren Klienten, weil diese sich in der Regel in der machtloseren Position befinden. Sie arbeitet gesamtgesellschaftlich daran, diese Machtgefälle zu verändern – gegen oder mit dem Willen der Klienten, gegen oder mit dem Willen der finanzierenden Stellen. Soziale Arbeit handelt immer gleichzeitig mit mehreren Aufträgen, von denen nur einer von den Klienten kommt.
Die notwendige wissenschaftliche Fundierung und Orientierung an den Menschenrechten in der Arbeit mit Menschen in Ausnahmesituationen, die oft akut gefährdet sind, begründen auch einen berufsethischen Auftrag, der häufig in Widerspruch zu dem der Geldgeber und mitunter auch dem der Klienten steht.
Wissenschaft und Menschenrechte sind der Komplexität geschuldet und dass etwa Obdachlosigkeit eine Ausnahme ist, liegt im Interesse der Staates, der Menschenrechte und üblicherweise auch der Betroffenen. Der Medizin etwa ist es ganz gut gelungen, für diese Situation allgemeine Anerkennung zu finden.
Nicht nur um der Sozialen Arbeit Willen, sondern vor allem im Interesse der Menschen, für die soziale Arbeit Bestandteil des Lebens und Alltags geworden ist und noch werden kann (werden Sie nur ja nie arm oder krank, sonst kommt der Sozialarbeiter über sie!), wünsche ich mir, dass das AMS mehr über eine sehr große Berufsgruppe lernt.
Immerhin beschäftigt das AMS selbst sehr viele Sozialarbeiter und noch mehr in den beauftragten Subunternehmen für die Disziplinierung, Normierung und Mobilisierung von Arbeitssuchenden – aus Syrien, Afghanistan und Österreich.
Machen Sie die Probe aufs Exempel und lassen Sie sich vom Arbeitsmarktservice servieren! Sie werden sehen, wie sich so eine Dienstleistung anfühlt und wie sehr das AMS auf Ihrer Seite steht.