Ein eigener Paragraf für China-Köche
Gastronomie. Eine Absichtserklärung zwischen Wien und Peking soll die Einreisebestimmungen für chinesische Köche lockern. Der Zeitpunkt der Unterzeichnung ist ein politisches Zeichen.
Geschmacklos frittierte MiniFrühlingsrollen, in süß-saurer Sauce getränktes Schweinefleisch oder das vom Lieferservice angepriesene (aber wenig) knusprige Huhn – chinesische Küche lässt in Österreich oft zu wünschen übrig. Ein Vertrag zwischen Peking und Wien soll das nun ändern. Und so war die Aussicht auf ein Ende des chinesischen Einheitsbreis der österreichisch-chinesischen Wochenzeitung „Europe Weekly“sogar einen Aufmacher wert: „Chinas Köche kommen nach Österreich. Ein Aufschwung für das chinesische Gastgewerbe im Ausland“, hieß es da.
Zhu Maozou aber bleibt skeptisch. Der Vizepräsident des chinesischen Gastronomieverbands setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Österreich die strengen Einreisebestimmungen für gelernte Köche aus China lockert. Für ihn ist der Fachkräftemangel das Grundübel für die wenig authentische und einheitliche China-Küche. Ein Großteil der Chinesen in Österreich stammt aus der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Ohne ausgebildete Köche könnten die meisten Lokalbesitzer nur auf die ihnen bekannte Hausmannskost setzen, argumentiert der Gastronom – obwohl es in China 16 Regionalküchen gebe.
Die zwischen dem österreichischen und chinesischen Sozialministerium unterzeichnete Absichtserklärung über „Spezialitätenköche“gehe nicht weit genug, kritisiert der gebürtige Chinese gegenüber der „Presse“. Das Papier sieht vor, dass jährlich 30 gelernte Köche aus China einen einjährigen Aufenthaltstitel in Österreich erlangen. Dieser kann auf maximal drei Jahre verlängert werden. Der Vorteil: Die Chinesen sind vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen. Sie benötigen somit keine Beschäftigungsbewilligung.
Dennoch: „Viele Lokale werden nicht von der Regel profitieren können“, sagt Zhu. Die Vereinbarung gilt nur für „gehobene Gaststättenbetriebe“, die mit ihrer Küche den „nationalen Charakter Chinas“wiedergeben. Ausgenommen sind unter anderem Imbissstände, Lieferlokale oder Buffet- Restaurants. Es sei ein Teufelskreis: Wie solle sich die Qualität chinesischer Küche in Österreich verbessern, wenn nur 30 Köche für mehr als 1200 China-Lokale zur Verfügung stehen?
Zhu spricht aus Erfahrung: Der Inhaber eines Restaurants im neunten Wiener Bezirk hat vor Kurzem ein Lokal in Floridsdorf eröffnet. Einen geeigneten Koch habe er bisher nicht gefunden. „Ich musste auf ein All-You-Can-Eat-Buffet umsatteln, um auf meine Kosten zu kommen. Das geht schnell, man muss nichts können“, meint Zhu. „Die kompetenten Köche machen sich selbstständig.“Letztlich könnten nur die wenigen Betriebe, die ohnehin für ihre gute Küche bekannt seien, die strengen Kriterien erfüllen. In Wien seien das an die 15, meint Zhu. Das habe die Branche regelrecht in Panik versetzt.
Auch die chinesische Botschaft sieht den Mehrbedarf gegeben: Man wolle eine Erhöhung des Kontingents erwirken, heißt es gegenüber der „Presse“. Ohnehin gebe es noch viel Klärungsbedarf, bevor die Regelung umgesetzt werden könne – etwa, wer beurteilen solle, welche Restaurants einen Koch beantragen dürfen. Dass die Erklärung erst nach dem österreichischen Staatsbesuch in Peking unterzeichnet wurde, obwohl die Grundlagen bereits unter Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer ausgearbeitet worden waren, sei ein politisches Zeichen, bestätigt die Botschaft.
Dafür waren die chinesischen Spezialitätenköche der Regierung als einzige länderspezifische Berufsgruppe einen eigenen Paragrafen in der Ausländerbeschäftigungsverordnung wert. Mit einer Einschränkung: Die Vereinbarung müsse, wie es in den Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik oft gefordert wird, auf Gegenseitigkeit beruhen: Pro Jahr sollen 30 österreichische Köche leichter in China arbeiten dürfen. Ob dieses Angebot hierzulande überhaupt auf Interesse stößt, darüber lieferte das Sozialministerium trotz mehrmaliger Anfragen keine Auskunft.
Zhu Maozou hat mittlerweile resigniert: „In China verdienen gute Köche längst mehr als in Österreich. Warum sollten sie überhaupt noch kommen wollen?“