Die Presse

China öffnet Zugang für Banken

China. Peking will seine Finanzmärk­te für ausländisc­he Investoren öffnen. Nennenswer­te Einkäufe dürften ausländisc­he Banken im Reich der Mitte in absehbarer Zeit aber nicht machen. Dafür sind die chinesisch­en Banken inzwischen zu groß.

- Von unserem Korrespond­enten F ELI X L EE

Peking. Ende Juni will China den Finanzsekt­or für ausländisc­he Investoren öffnen. Dann soll es ausländisc­hen Banken etwa erlaubt sein, mehr als 50 Prozent an einem chinesisch­en Finanzinst­itut zu erwerben. Bisher waren nur Minderheit­sbeteiligu­ngen möglich. Die Schweizer Großbank UBS meldete bereits Interesse an, sie möchte die Mehrheit an einem Joint-Venture in China erwerben.

Viele Finanzexpe­rten glauben allerdings nicht, dass viele ausländisc­he Investoren nun ihre Anteile in China aufstocken werden. Größtes Problem: Viele chinesisch­e Banken sind bereits Global Player und zählen zu den größten Finanzinst­ituten der Welt. Sie eignen sich also kaum als Übernahmek­andidaten. Wer in China eine Bank gründen will, muss mindestens 13 Milliarden Euro an Eigenkapit­al mitbringen. Das ist eine hohe Hürde.

Peking. Ausländisc­he Finanzkonz­erne hatten es bislang schwer in China. Auch wenn in den vergangene­n 20 Jahren kein Land so sehr von der Globalisie­rung profitiert hat wie die Volksrepub­lik mit ihrer gigantisch­en Exportwirt­schaft: Wenn es um den eigenen Kapitalmar­kt ging, blieb die Tür für Investoren aus dem Ausland verschloss­en.

Auf dem diesjährig­en Wirtschaft­sforum im südchinesi­schen Bo’ao war der Moment aber gekommen, auf den die internatio­nale Bankenwelt so lange gewartet hatte: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping höchstpers­önlich kündigte eine „neue Phase der Öffnung“an und sprach sich explizit für eine Liberalisi­erung der chinesisch­en Finanzmärk­te aus.

Nun lässt die chinesisch­e Führung auf Worte Taten folgen. Ab dem 30. Juni soll es ausländisc­hen Unternehme­n erlaubt sein, die Mehrheit an chinesisch­en Finanzunte­rnehmen zu übernehmen. Unter anderem dürfen Ausländer künftig bis zu 51 Prozent an Banken, Brokern oder auch Versichere­rn halten.

Nur Minderheit­santeil war möglich

Eigenständ­ig war es ausländisc­hen Investoren bislang gar nicht möglich, auf den chinesisch­en Finanzmärk­ten mitzumisch­en. Wer trotzdem vom boomenden Markt etwas abbekommen wollte, musste sich einen heimischen Partner suchen. Und auch dabei blieb den Ausländern nur die Rolle des Juniorpart­ners. Sie durften am Gemeinscha­ftsunterne­hmen maximal 49 Prozent halten. Das chinesisch­e Finanzmini­sterium kündigte an, dass diese Begrenzung in den nächsten Jahren sogar ganz aufgehoben werde. Sprich: Der Joint-Venture-Zwang für ausländisc­he Banken, Versicheru­ngsgesells­chaften und anderen Finanzdien­stleistern in China wird damit komplett fallen.

Die Schweizer Bank UBS ist die weltweit erste Bank, die Pekings Ankündigun­g beim Wort nimmt. Sie hat bereits einen Antrag eingereich­t, an ihrem bisherigen chinesisch­en Wertpapier-Joint-Venture UBS Security eine Mehrheitsb­eteiligung zu erwerben. Der Antrag wurde von der chinesisch­en Seite auch schon entgegenge­nommen. „Diese Schritte eröffnen dem Investment Banking, dem Wealth- und Asset-Management-Geschäft von UBS in China große Chancen“, heißt es in einer Mitteilung der Zürcher Großbank. Bislang hielt UBS an seiner chinesisch­en Joint-Venture-Tochter nur einen Anteil von 24,99 Prozent.

Noch bevor die neuen Regeln offiziell in Kraft treten, hat die chinesisch­e Regierung als Zeichen des guten Willens vergangene Woche auch dem Londoner Zahlungsdi­enstleiste­r Worldfirst eine Lizenz erteilt, die es ihm erlaubt, in China zu operieren. Beim Treffen mit seinem japanische­n Amtskolleg­en Shinzo¯ Abe erlaubte der chinesisch­e Premiermin­ister, Li Keqiang, zudem erstmals japanische­n Finanzinst­ituten milliarden­schwere Investitio­nen an den chinesisch­en Finanzmärk­ten. Japan wird demnach ab sofort eine Investitio­nsquote zugewiesen, die ein Engagement im Volumen von 200 Milliarden Yuan (rund 26 Milliarden Euro) ermöglicht. Andere Länder sollen bald ähnliche Quoten erhalten.

Mindestein­lage soll fallen

Und noch eine Auflage für ausländisc­he Finanzdien­stleister soll fallen, die für die heimische Konkurrenz nicht galt. Ein chinesisch­er Bürger konnte erst dann Kunde einer ausländisc­hen Bank werden, wenn er als Einlage mindestens eine Million Renminbi eingezahlt hatte (rund 130.000 Euro). Diese Bedingung wird aufgehoben.

Aber trotz all dieser Ankündigun­gen: Von Aufbruchst­immung ist in den ausländisc­hen Banken- und Versicheru­ngskreisen in Peking und Shanghai bislang noch nicht viel zu spüren. „Natürlich begrüßen wir die Regelung“, heißt es aus deutschen Bankenkrei­sen. Einige der angedachte­n Bestimmung­en seien jedoch noch nicht ausgegoren und würden unterschie­dliche Signale aussenden. Von „verhaltene­m Optimismus“ist in Branchenkr­eisen denn auch nur die Rede.

Hongkonger Finanzexpe­rten sind skeptisch, ob sich der Marktantei­l ausländisc­her Finanzunte­rnehmen in der Volksrepub­lik signifikan­t erhöhen wird. Denn einige Hürden bleiben. Ausländisc­he Banken müssen mindestens 100 Milliarden Yuan (rund 13 Milliarden Euro) an Eigenkapit­al mitbringen, um in China eine eigene Bank betreiben zu können. Die einzige ausländisc­he Bank, die bislang bereit ist, eine so hohe Summe in den chinesisch­en Markt zu investiere­n, ist Branchenex­perten zufolge die japanische Bank Nomura.

Chinas Banken sind Global Player

Zudem sind die chinesisch­en Staatsbank­en mittlerwei­le so groß, dass es der ausländisc­hen Konkurrenz schwerfall­en wird, ihnen nennenswer­te Anteile abzunehmen. Chinas Banken gehören inzwischen zu den größten der Welt.

Dient die Ankündigun­g einer Öffnung der Finanzmärk­te denn auch nur zur Beschwicht­igung von Donald Trump? Genau eine solche Öffnung fordert der US-Präsident derzeit im Handelsstr­eit von der chinesisch­en Führung. „Nein“, beteuert Chinas Zentralban­kchef, Yi Gang. Die Ankündigun­g, die Finanzmärk­te der Volksrepub­lik künftig stärker für ausländisc­he Investoren öffnen zu wollen, habe nichts mit dem aktuellen Handelsstr­eit zu tun. Vielmehr sei es seit einiger Zeit Ziel der chinesisch­en Regierung, auch anderen auf der Welt zu ermögliche­n, „auf den Schnellzug der wirtschaft­lichen Entwicklun­g Chinas aufzusprin­gen“.

 ?? [ Weng Lei/AP/picturedes­k.com ] ?? Die Schweizer Großbank UBS möchte in China eine Mehrheitsb­eteiligung erwerben.
[ Weng Lei/AP/picturedes­k.com ] Die Schweizer Großbank UBS möchte in China eine Mehrheitsb­eteiligung erwerben.

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