Flyer-Angriff auf Österreichs Residenz
Griechenland. Eine anarchistische Gruppe warf Flugblätter mit Drohungen vor die österreichische Vertretung in Athen. Sie nannte Flüchtlingspolitik als Grund für Aktion.
Nach einer ganzen Reihe anderer diplomatischer Botschaften ist nun auch die österreichische Vertretung in Athen Ziel einer Attacke der anarchistischen Aktivistengruppe Rubikon, auf Griechisch „Rouvikonas“, geworden. Berichten zufolge hielten zehn motorisierte Aktivisten vor der Residenz der Botschafterin im Nobelviertel Palio Psychiko, warfen Flugzettel, die sich gegen die Flüchtlingspolitik der österreichischen Regierung richten, und entfernten sich ungehindert.
Noch am selben Tag übernahm Rubikon in der anarchistischen Medienplattform „Indymedia“die Verantwortung für die Aktion und veröffentlichte eine Proklamation: Zunächst wird die europäische Flüchtlingspolitik kritisiert, es heißt, Europa zeige gegenüber „verfolgten Menschen und Kindern“sein „wahres Gesicht“. „Vorreiter dieser gegen die Immigranten gerichteten Politik und Maßnahmen waren der Chef der Volkspartei, Sebastian Kurz, und sein Vizekanzler, der Chef der Freiheitlichen, Heinz-Christian Strache“. Die Zusammenarbeit der beiden Parteien habe als vorrangiges Ziel eine strengere Politik bei der Ansiedlung von Immigranten.
„Eine Politik, die Asylwerber in speziellen Anhaltelagern konzentrieren will, wie Innenminister Herbert Kickl erklärte, verweist auf vergangene dunkle Epochen in der Menschheitsgeschichte.“Auch der Fall der Liederbücher der Verbindung Germania wird in der Kundmachung aufgegriffen.
Die Erklärung schließt so: „Wir erklären unmissverständlich, dass wir gegenüber neofaschistischen Regierungen und der Linie, die sie durchzusetzen versuchen, nicht untätig bleiben werden. Die Flüchtlinge sind Teil unserer globalen Klassenfamilie, und wir werden sie nicht im Stich lassen.“
Die Gruppe, die sich selbst als „anarchistisches Kollektiv Rouvi- konas“bezeichnet, ist seit dem Frühjahr 2015 in Griechenland aktiv. Mehr als hundert kleinere Attacken, verbunden mit Sachbeschädigungen, gehen auf ihr Konto. Unter anderen wurden in der Vergangenheit das türkische Konsulat wegen der türkischen Kurdenpolitik sowie die französische Botschaft Opfer einer Attacke.
Derartige Aktionen werden von immer größeren Gruppen vorgenommen: Ziviler Ungehorsam ist im Griechenland der Sparpakete zu einem beliebten Schlagwort geworden. Bewegungen wie „Ich zahle nicht“verweigern Steuer- und Abgabenleistungen und – publikumswirksam – die Bezahlung von Autobahnmauten. Andere Gruppen gründen „Sozialzentren“, die wiederum zu einem bevorzugten Ziel von rechtsradikalen Gruppen geworden sind. Andere wandeln besetzte Häuser in informelle Flüchtlingsheime um, wieder andere kochen für Obdachlose und illegale Immigranten. Die Polizei scheint, zumindest bei den Attacken von Rubikon, ratlos zu sein.